Verurteilung 18 Jahre nach der Tat: Nachlässige Polizeiarbeit
18 Jahre nach der Tat verurteilt die britische Justiz die Mörder eines 18-jährigen Schwarzen in London. Ein Fall, der das gesamte Land verändert hat.
![](https://taz.de/picture/233827/14/0360_dapd_mutti_StephenLawrence.jpg)
Es hat 18 Jahre gedauert, bis die Mörder von Stephen Lawrence verurteilt wurden – genau so lange, wie er gelebt hatte. Es war ein rassistischer Mord: Lawrence war schwarz, er wartete an einer Bushaltestelle in Südost-London, als fünf oder sechs junge weiße Engländer über ihn herfielen und ihn erstachen. Zwei von ihnen sind nun verurteilt worden: Mittwochmittag verhängte das Gericht Gefängnisstrafen von über 15 Jahren für Gary Dobson und über 14 Jahren für David Norris.
Die beiden gehörten einer berüchtigten Bande an, die mit rassistischen Attacken Angst bei der schwarzen und asiatischen Bevölkerung in ihrer Wohngegend verbreitete. Dass sie verurteilt wurden, ist nicht der Polizei zu verdanken: Obwohl schon 1993 26 Personen Dobson, Norris und drei weitere Bandenmitglieder als Mörder benannten, arbeitete die Polizei so nachlässig, dass es zu keiner Verurteilung kam.
Eine Untersuchung beschuldigte Scotland Yard 1999 des "institutionellen Rassismus". Es waren die Eltern von Lawrence, die die Wiederaufnahme des Verfahrens erzwangen. Mit Hilfe neuer forensischer Methoden wurden die Täter überführt: Man fand Haare, Fasern und einen winzigen Blutfleck an ihrer damals sichergestellten Kleidung.
Der Mord an Lawrence war weder das erste noch das letzte rassistische Verbrechen des Landes, aber er hat die britische Gesellschaft verändert und zu weitreichenden Reformen geführt. Er hat das Rassismusproblem ins Bewusstsein der Nation gerückt und die Polizei gezwungen, sich diesem Problem in ihren eigenen Reihen zu stellen.
Und er hat zu Gesetzesänderungen geführt: 2005 wurde die "Double Jeopardy"-Regel aufgehoben, wonach man nicht zweimal für dasselbe Verbrechen angeklagt werden kann. Sonst hätte Dobson nicht verurteilt werden können, da er 1996 aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde.
Ob die anderen Hauptverdächtigen zur Rechenschaft gezogen werden können, ist zweifelhaft. Die Lawrence-Familie kann nur hoffen, dass Dobson und Norris ihr Schweigen brechen und nach ihrer Verurteilung gegen andere Bandenmitglieder aussagen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!