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Verteidigungshaushalt der USAObama murrt - und unterschreibt

Die US-Streitkräfte erhalten mit dem neuen Militärhaushalt mehr Rechte gegen Terrorverdächtige. Das passt Präsident Obama gar nicht. Dennoch unterzeichnet er das Gesetz.

Unterschreiben muss Barack Obama oft - unter das Militärbudget hat er seinen Namen nicht gern gesetzt. Bild: dapd

WASHINGTON dpa | Nur unter Protest hat US-Präsident Barack Obama am Silvestertag das Militärbudget für 2012 unterzeichnet. Die Streitkräfte erhalten in dem mit vielen Zusätzen gespickten Gesetz unter anderem mehr Rechte gegen Terrorverdächtige. Dies geht auf Kosten der Justiz und rechtsstaatlicher Regeln, wogegen sich Obama gesträubt hatte.

"Die Tatsache, dass ich dieses Gesetz als Ganzes unterstütze, heißt nicht, dass ich mit allem darin übereinstimme", teilte der Präsident mit. "Ich unterzeichne dieses Gesetz, obwohl ich ernsthafte Vorbehalte gegen bestimmte Regularien hege, die die Festnahme, Vernehmung und strafrechtliche Verfolgung von mutmaßlichen Terroristen betreffen."

Ein Zusatz zu dem 662 Milliarden Dollar (509 Milliarden Euro) umfassenden Budget erlaubt eine unbegrenzte Haftzeit von Terrorverdächtigen auch ohne Prozess. Verdächtige mit mutmaßlichen Verbindungen zur Terrororganisation al-Qaida oder deren - nicht näher definierten - Verbündeten müssen künftig in der Regel in Militärgewahrsam festgehalten werden.

Obama hatte ursprünglich gegen die Stärkung der Rolle des Militärs sein Veto angekündigt. Er zog die Drohung jedoch zurück, nachdem die betreffende Passage im Vermittlungsausschuss des Kongresses so modifiziert worden war, dass sie ausdrücklich nicht für US-Staatsbürger gilt. Der Militäretat ist zudem um 27 Milliarden Dollar niedriger als von Obama beantragt. Der Senat hatte das Budget Mitte Dezember mit deutlicher Mehrheit gebilligt.

Die US-Bürgerrechtsorganisation Aclu kritisierte die Unterzeichnung des Gesetzes scharf. "Präsident Obamas Schritt ist ein Schandfleck auf seinem Vermächtnis, weil er für immer als der Präsident gelten wird, der unbegrenzte Haftzeit von Terrorverdächtigen auch ohne Prozess oder Anklage zum Gesetz gemacht hat", teilte Aclu-Direktor Anthony Romero mit. Es sei besonders gefährlich, dass es keine zeitliche oder örtliche Begrenzung gebe. Die Regelung könne deshalb auch von künftigen Präsidenten abseits von Kriegen angewendet werden, um Verdächtige festzuhalten.

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7 Kommentare

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  • M
    markus

    Also mal ehrlich, von der taz hätte ich seriöse Berichterstattung erwartet. Die USA haben das Monopol der Judikative ausgeschaltet, und können schon jetzt als Unrechtsstaat bezeichnet werden. Als europäischer Linker sollte man schockiert sein, anstatt krampfhaft Obama zu verteidigen.

  • H
    Hermeneut

    So still wie möglich wurden die restlichen demokratischen Rechte der US-Bürger durch Untergrabung aus dem Wege geräumt. Jetzt haben sie sich endgültig eine Militärdiktatur der Sonderklasse gegeben. Diesem Gesetz hätte Adolf Hitler auch mit großer Freude zugestimmt. Man sollte sich mal den original Wortlaut durchlesen, um dieses Allmachtsermächtigungsgesetz zu verstehen. Sowas gehört auf die Titelseite und nicht blasse Nebensächlichkeiten, wie der Bundesgrüßonkel Wulff. Aber der Geist des Boulevard hat in diesem Land gesiegt.

  • J
    Jeanne

    Bin ganz deiner Meinung, Überrascht. Wie kommt die taz auf die Idee zu schreiben, dass der NDAA "ausdrücklich nicht für US-Staatsbürger gilt". Bitte überprüft eure Quellen. Das Gesetzt erlaubt die Festnahme, das Wegsperren und Verschleppen ALLER TERRORVERDÄCHTIGEN. Wer dieser Kategorie zugerechnet wird, kann sich von heute auf morgen ändern, wie wir wissen sollten. Bitte taz, schreibt bald einen ausführlichen Artikel zum Thema, in dem ihr die möglichen Konsequenzen des NDAA auf die amerikanische Gesellschaft, insbesondere oppositionelle Bewegungen wie "Occupy" aufzeigt.

  • B
    Überrascht

    Nun bin ich ja doch ein bisschen überrascht, mit welcher Leichtigkeit hier über das Thema berichtet wird.

     

    Meiner Meinung nach ist es eine Seite-1-Story schlechthin: die USA sind auf dem besten Weg die Bürgerrechte abzuschaffen.

     

    Dass Barack Obama in der seine Unterschrift begleitenden Erklärung verkündet: er sei nicht in allen Punkten mit dem Gesetz einverstanden ist für jemanden, der auf den bloßen Verdacht hin in Militärgewahrsein genommen wird, so was von nix wert....Faktisch ist es geltendes Recht, dass bestimmte Personen (die im Gesetz "covered persons" genannt werden) ohne Anklage an einem unbekannten Ort festgehalten werden dürfen, ins Ausland verbracht werden dürfen usw. Und das ganze ohne eine zeitliche Begrenzung. Auch diese Regelung hat keine zeitliche Begrenzung, und ob sie auch für US-Bürger gilt: nun laut einigen Interpretationen auch für die. Wie auch immer, dieses Gesetz bedeutet nichts Gutes und es müsste einen lauten Aufschrei in der westlichen Presse geben.

    Ich wundere mich sehr....

  • L
    Lenny

    Ab wann beginnt nochmal ein Unrechtsstaat?

  • TS
    Thomas Sch.

    Wir sehen die Auflösung der Gewaltenteilung. Zusammen mit dem Patriot-Act ist das Land nun priniziell auch nicht demokratischer als der Kongo oder die ehemalige DDR. Genau wie bei uns wird die Abschaffung rechtstaatlicher Prinzipien scheibchenweise nach der berühmten Salamitaktik vorgenommen und die Medien schweigen dazu in atemberaubender Lautstärke.

  • ML
    Martina Lippmann

    Dem Grunde nach kann ein Präsident nur unterschreiben was ein Präsident unter schreiben kann und 9/11 hat den Weißen wie den Schwarzen und otre couleur den Arsch aufgerissen, und da kann er nicht raus.

    Dennoch, man erwartet Ergebnisse von ihm und wenn welche Gehen, we go and we never come back ist das ein Problem das vielleicht er und jemand den ich nicht kenne lösen kann.

    Ich sah den Mond über Afrika und ich nehme an, da sind SIE schon gewesen. Protz.