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Versprochen ist versprochen

■ Falsche Signale aus den Koalitionsverhandlungen zum Straßenverkehr GASTKOMMENTAR

Da wird die neue Freiheit mal wieder mit der Freiheit im Straßenverkehr verwechselt. Anstatt mit den längst fälligen Ausbau- und Sanierungsmaßnahmen des öffentlichen Verkehrs und dem Ausbau der Reichsbahn zu beginnen, beeilt sich die Regierung, den krank machenden Autoverkehr zu fördern. Als durchschnittlich intelligente und mobile Bundesbürgerin fragt man sich doch, ob unsere Politiker überhaupt nicht lernfähig sind? Hat man in den alten Bundesländern nicht schon genug Fehler gemacht?

Hier soll unter dem Deckmäntelchen des Verursacherprinzips im Straßenverkehr das Loch gestopft werden, das die deutsche Einheit in den Staatssäckel reißt. Keine Steuererhöhung, das war ja den Wählern vor der Wahl versprochen worden. Und nun zeigt sich doch, was jeder wußte: die Kosten der Einheit müssen von den Bürgern durch zusätzliche Abgaben finanziert werden. Nur die Chance, umweltverträgliche Mobilität und sozial verträgliche Freiheit zu ermöglichen, die soll hier vertan werden.

Wem nützt ein ungebremster Straßengüterverkehr? Den neuen Bundesbürgern und den zarten Knospen einer eigenständigen Wirtschaft, oder den kolonisierenden Unternehmen in der alten Republik, die schon längst den neuen Markt lückenlos unter sich aufgeteilt haben? Verständlich ist ein gewisser Nachholbedarf der Bürger in den neuen Bundesländern an qualifiziertem individuellem Kraftverkehr. Die amtliche Verkehrspolitik hat dem ja durch den sofortigen Ausbau von weit über hundert Straßenverbindungen zwischen Ost und West Rechnung getragen. Diese Mittel wurden im Bundeshaushalt bereitgestellt und in Windeseile realisiert.

Doch der verkehrspolitische Skandal der Subventionierung des deutschen LKW-Verkehrs durch die Senkung der KFZ-Steuer für Lastwagen um etwa eine Milliarde DM jährlich ab 1. Juli 1990 hat die Öffnung der Grenzen zu einem Festival gigantisch gesteigerter Kraftverkehrsströme werden lassen.

Die Umwelt soll mal wieder herhalten als Opfer für eine derart verfehlte Politik. Eine zweckgebundene Erhöhung der Mineralölsteuer zur Deckung der Kosten des Verkehrs ist nun schon von allen Seiten vorgeschlagen worden. Wann traut sich Waigel endlich an diese Maßnahme? Ach ja, keine Steuererhöhung war der Slogan. Versprochen ist versprochen!? Carla Purtschert Hollenstein

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