: Versöhnung a la Argentinien
■ Argentiniens Präsident Menem begnadigt Offiziere und Guerillas des „schmutzigen Krieges“ Menschenrechtsorganisationen und Linke protestieren, katholische Kirche äußert sich positiv
Buenos Aires (afp) - Drei Monate nach seinem Amtsantritt hat der argentinische Präsident Carlos Menem seine angekündigte „Politik der nationalen Versöhnung“ in die Tat umgesetzt, indem er am Samstag für hohe Militäroffiziere sowie für Dutzende linksextremistischer Guerillas eine Amnestie verkündete. Die Hauptverantwortlichen für den „schmutzigen Krieg“ gegen die Guerilla nach der militärischen Machtübernahme von 1976 bis 1983, die Generäle und damaligen Präsidenten Jorge Videla (lebenslänglich) und Roberto Viola (17 Jahre), die Admiräle Eduardo Massera (lebenslänglich) und Armando Lambruschini (8 Jahre) sowie der Chef der linksextremen Montonero-Guerilleros, Mario Firmenich, bleiben jedoch in Haft. Nutznießer der Amnestie sind auch die Anführer mehrerer Militärmeutereien der letzten zwei Jahre, Oberstleutnant Aldo Rico und Oberst Mohamed Seineldin.
Bei den begnadigten Häftlingen handelt es sich um 20 Generäle, sechs Admiräle und 13 andere Offiziere, die wegen Menschenrechtsverletzungen verurteilt waren, um 64 wegen subversiver Aktivitäten Verurteilter (Montoneros) sowie um 174 Militärs, die an den Meutereien von 1987 und 1988 teilgenommen hatten. Unterdessen haben Menschenrechtsorganisationen ihre Verbitterung über den Gnadenerlaß zum Ausdruck gebracht. Die „Mütter der Plaza de Mayo“ bezeichneten den Gnadenerlaß in einer Erklärung „als eine wahre moralische Verirrung, die diejenigen unbestraft läßt, die die menschliche Würde geschändet und gegen die verfassungsmäßige Ordnung rebelliert haben“.
Die Linksparteien kritisierten, Menem gebe den Militärs nach, um seinen Wirtschaftssanierungsplan durchsetzen zu können. Die katholische Kirche hat sich positiv zur „Vergebung“ geäußert.
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