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Versicherer buhlen um Anfänger

■ Frauen zahlen weniger für ihre Auto-Versicherung als Männer

Hannover. Wer als Führerschein-Neuling sein erstes Auto anmeldet, muß seit Jahresbeginn tief in das meist schmale Portemonnaie greifen. Das sehen jedenfalls die neuen Bedingungen der Haftpflichtversicherer vor. 260 Prozent statt wie bisher 175 Prozent beträgt jetzt der Beitragssatz für die Fahranfänger, die als Risikogruppe betrachtet werden. Doch in der Praxis bietet eine Reihe von Versicherungen gerade für die Neulinge Rabatte an.

„Die 260-Prozent-Regelung existiert eigentlich nur auf dem Papier“, sagt Anton Müller, Fachredakteur der Zeitschrift „ADAC motorwelt“. Nur von einer kleinen Gruppe eine so hohe Prämie zu fordern, sei auch unfair. Nach übereinstimmenden Angaben von Versicherungsfachleuten melden die meisten Fahranfänger ihr erstes Auto als Zweitwagen der Eltern an. Die Versicherungen stufen Zweitwagen zunächst in die 125-Prozent-Beitragsklasse ein.

In Fachkreisen spricht man deshalb von der 260-Prozent-Regelung schon scherzhaft als „Vollwaisendiskriminierung“. Selbst ohne Eltern haben Führerschein-Neulinge bei diversen Versicherungen gute Aussichten auf einen Rabatt. Das jüngste Angebot stammt von der Concordia: der Einsteigerbonus für Mopedfahrer.

„Wer einen Moped-Vertrag bei der Concordia für mindestens ein Jahr abschließt und dann unfallfrei gefahren ist, zahlt für die Haftpflichtversicherung seines ersten Autos 125 Prozent Beitragssatz, für die Haftpflicht des ersten Motorrades 70 Prozent“, erklärt Christian Behrens von der Concordia das neue Angebot. Zwischen der Beendigung des Mopedvertrages und dem Beginn des Auto- oder Motorradvertrages könnten bis zu sechs Monate liegen.

Reinhard Zerner, Leiter der Abteilung Kfz-Versicherungen beim ADAC (Allgemeiner Deutscher Automobil-Club), hat Rabattangebote für Anfänger gesammelt. Danach zahlen Auto-Neulinge bei der Barmenia, der Debeka und der Generali 125 Prozent Beitragssatz, wenn die Eltern schon Kunden sind. Sie können den Wagen gleich auf ihren Namen zulassen. Allerdings sollte die Unfallbilanz der Eltern bei Generali nicht zu ungünstig ausfallen.

Telcon bietet weiblichen Anfängern 125 Prozent als Einstiegstarif an, männliche zahlen 175 Prozent. Die Bruderhilfe und die Rheinland prämieren spezielle Ausbildungen mit 125 oder gar 100 Prozent Einstiegsbeitrag für die Haftpflichtversicherung. Bei SunDirect zahlen Anfänger 125 Prozent, wenn der Ehepartner bereits Kunde ist.

Einige Versicherer, wie der Haftpflichtverband der Deutschen Industrie (HDI) und die Provinzial, wollen sich an der „Rabatteritis“ jedoch nicht beteiligen. Ihr Argument: Der Kunde soll das Versicherungsangebot einfach durchschauen können. Ein HDI-Sprecher in Hannover verweist darauf, daß der Prozentsatz nicht allein den Preis bestimmt. Trotz scheinbar attraktiver Rabattangebote könne die Versicherungsprämie dennoch sehr hoch sein. Claudia Belting, dpa

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