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Archiv-Artikel

Verschmähte Segnungen

HALBZEITBILANZ Teil 3: Diese Woche bilanziert die taz nord zwei Jahre Schwarz-Grün. Ausgerechnet in Sachen Umwelt und Stadtentwicklung sind etliche Grünen-Versprechen unerfüllbar, findet Gernot Knödler

Eine grün geführte Behörde sieht sich einer landesweiten Baumfäll-Opposition gegenüber

Anja Hajduk, grüne Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt, hat ein Problem. Nach zwei Jahren im Amt, sieht es so aus, als könnte sie es niemandem recht machen. In manchen Fällen hatte sie von vornherein schlechte Chancen, Wahlversprechen zu erfüllen. In anderen erfüllt sie sie zwar durchaus – aber auf eine Weise, die von maßgeblichen Teilen der Adressaten abgelehnt wird. Paradebeispiel für einen unerfüllbaren Wunsch ist die Verhinderung des Kohlekraftwerks Moorburg, Beispiele für unerwünschte Segnungen reichen von der Hafenquerspange bis zur Studie über „kreative Milieus“.

Im Wahlkampf hatte die GAL gegen „Kohle von Beust“ polemisiert und suggeriert, sie könnte das Steinkohlekraftwerk in Moorburg mit rechtlichen Mitteln noch stoppen. Das war von vornherein riskant und schlägt nun in den Diskussionen darüber zu Buche, was eigentlich von der grünen Politik bliebe, sollte das Großprojekt Schulreform scheitern.

Das wird verschlimmert durch ein Thema, das die GAL wie andere auch unterschätzt hat: die Fernwärme-Trasse durch den widerstandswilligen Stadtteil Altona. Ob die Senatorin und ihr Umweltstaatsrat Christian Maaß (ebenfalls GAL) eine Alternative in petto haben, ist unklar.

Bei der Fernwärme-Trasse kommt ein zweites, plötzlich über die ganze Stadt verbreitetes Problem hinzu: die geplanten Baumfällungen. Ob naturschutzfachlich begründet oder nicht: Bäume wecken Emotionen. Und so sieht sich ausgerechnet eine grün geführte Stadtentwicklungsbehörde einer landesweiten Baumfäll-Opposition gegenüber – vom Buchenhofwald bis zur Internationalen Gartenbau-Ausstellung (IGA), die von einem Behörden-Mann organisiert wird, der privat dem BUND in Niedersachsen vorsitzt.

Beim Thema Stadtentwicklung sieht es nicht viel besser aus. Die Hafenquerspange soll wie gewünscht nicht über den Spreehafen führen sondern am Südrand Wilhelmsburgs entlang. Allerdings ist die Querspange zur Fortsetzung der Autobahn 26 im Alten Land geraten. Viele WilhelmsburgerInnen wollen das genauso wenig wie eine andere Großtat: die Verlegung der Reichsstraße, die der Stadtteil selbst ins Spiel gebracht hatte. Viele Wilhelmsburger wollen jetzt lieber eine Nulllösung.

Das Projekt „Shared Space“ – gemeinsam genutzter Straßenraum – hat zuletzt der Blindenverband als diskriminierend kritisiert. In St. Georg wehren sich der rechte Bürger- und der linke Einwohnerverein gegen die Einrichtung von Shared Space in der Langen Reihe. Auch die Stadtbahn stößt auf zornige Kritik von unvermuteter Seite: Im Bezirk Nord sprach die SPD von „Terrorplänen“ Hajduks bei der Linienführung.

Und selbst das Leitbild „kreative Stadt“, mit dem die GAL soziologische Erkenntnisse in Politik ummünzen will, kriegt Kontra aus dem eigenen Lager: Eben jene kreativen Milieus, die die GAL per Gutachten eruieren ließ, wehrten sich jüngst mit dem Manifest „Not in our name“ gegen ihre Vereinnahmung.