Verpasst? : Bernhard Brink und Pierre Bourdieu
„Das perfekte Promi-Dinner“, 19.00 Uhr, Vox
Mit diesem Format setzt Vox sogar Muttersender RTL quotenmäßig zu: Fünf Unbekannte kochen eine Woche in ihren Wohnungen, jeden Abend ist jemand anderes an der Reihe. Nach dem Essen werden Punkte vergeben. Nun setzt man bei Vox auf prominente Kandidaten – vorübergehend unter der Woche, ab Sonntag auch im Abendprogramm. „Ein schönes Dinner wird zermanscht“ grämte sich da schon der Berliner Tagesspiegel. Doch das ist Quatsch.
Zum einen macht es einfach Spaß zuzuschauen, wenn Sänger Ben einem Biohuhn Zwiebel um Zwiebel hinten reinstopft. Oder Moderator Dieter Mohr mit blutenden Daumen Äpfel in seinen Kuchen schnibbelt. Oder Bernhard Brink seine Sauna zeigt. Zum anderen gestattet die Sendung einen Blick hinter die Kulissen: hinter die glatte TV-Professionalität der Teilnehmenden wie in ihre Schlafzimmer.
Der Aha-Effekt: Auch Promis sind Menschen, und das ist in diesem Fall ein beruhigendes Ergebnis. Schlagersänger Bernhard Brink hat offensichtlich seit Jahren keinen Supermarkt mehr von innen gesehen – er scheitert schon am Drehkreuz des Discounters seines Vertrauens. Das macht ihn aber eher sympathisch. Dagegen wirken die Kandidaten am unangenehmsten, die sich kamerakonform verhalten: Die schrecklich fröhliche Andrea „Kiwi“ Kiewel zum Beispiel. Schade auch, dass die prominenten Kandidaten anscheinend zwangsbefreundet sind und unter Beißhemmungen leiden. So bekam Brinks Römertopf-Dosenerbsenmatsch-Katastrophe am Montag im Schnitt ergebnisverzerrend gute 7,5 von 10 Punkten.
Sonst ist alles wie sonst: Irgendwas mag irgendwer immer nicht. Auch Fernsehfuzzis hassen Innereien und rohen Fisch. Was im Fall von Sänger Ben und Moderatorin Miriam Pielhau zu einem dieser Gegenschnitte führt, die dem „Perfekten Dinner“ seine dramaturgische Würze verleihen. Ben: „Roher Fisch ist nicht so mein Fall.“ Schnitt. Pielhau: „Ich versuch’s trotzdem mit Thunfisch-Tartar.“ Und schon freut man sich auf die Kollision dieser aufeinander zurasenden Züge.
Warum ist es interessant, wie andere Leute wohnen, was sie essen, wo sie schlafen? Wer will, kann auf Pierre Bourdieu verweisen. Oder einfach auf Frau Schmitt aus dem Hinterhaus, die immer alles ganz genau wissen will. Es ist das Nachbarschaftsidyll, die dörfliche Welt, wohin wir uns unbewusst zurücksehnen. Sebastian Esser (!)