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Archiv-Artikel

Vermüllter Dom

H.A. Schult stellt „Trash People“ auf den Roncalliplatz und wird Kölner Stadtführer „zwischen Himmel und Äd“

Von PEL

Müll wird immer teurer. Wie wertvoll richtiger Müll ist, kann (pietätvoll nach Ostern) am Kölner Dom überprüft werden. Der Aktionskünstler HA Schult stellt auf dem Roncalliplatz weit gereiste 1.000 „Trash People“ aus. Seine Heimatstadt sei dafür besonders geeignet. „Die Kölner leben auf der Straße, sie sind durch den Karneval trainiert“, sagt Schult, der die Selbstdarstellung zusammen mit seiner Muse Elke Koska perfektioniert hat.

Noch vor einem Jahr hatte er in Bergkamen betont, er sei „eins mit der Ruhrregion“. Dort hatte er bunte Sperrholz-Schrebergartenhäuschen an einen maroden Beton-Wohnturm gehängt. Für 3.000 Euro kann die jeder dort erstehen. Die einzelne figürliche Melange aus Dosen, Computerschrott und anderem Abfall werden in Köln allerdings nur für das Doppelte verkauft. 500 Stück hat er davon bereits recycled. Preis und Verkaufszahlen steigen, weshalb die Müll-Armee auch eingezäunt und rund um die Uhr bewacht wird. „Nicht weil sie wertvoll sind, sondern um sie vor Vandalismus zu schützen, sagt Schult. Denn nach der Ausstellung gehen die 1.000 Skulpturen noch in die USA und nach Chile. Letzte Station ist die Antarktis, wo der Müll wohl nur Pinguine erschrecken kann.

1996 hat Schult die Skulpturen mit 30 Mitarbeitern ein halbes Jahr lang gebaut. Installiert erinnern sie visuell stark an die ausgegrabene Terrakotta-Armee, die 1974 in China entdeckt wurde und als achtes Weltwunder gilt. Kein Wunder, für den Künstler hat das eigentlich konsumkritische Projekt auch archäologische Dimensionen. „Coca-Cola-Büchsen sind die römischen Scherben von morgen,“ sagt er. Auf der Chinesischen Mauer, dem Roten Platz und vor den Pyramiden sei das nicht nötig gewesen, ebenso wenig am Matterhorn. Nach der Schau für die Pinguine im kommenden Jahr wird Schult die sechs Millionen Euro teuren lebensgroßen Skulpturen aus gepresstem Müll in drei deutsche Städte geben, darunter auch Köln. „Nicht die Industrieprodukte überdauern, sondern die Kunst“, sagt der Weltenbummler. Er muss es wissen. PEL