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Vermittlungsversuche in HondurasPutschisten lehnen ab

Das Regime in Tegucigalpa wählt die Isolation und weist den Kompromissvorschlag der Organisation Amerikanischer Staaten zurück.

Soldaten in Tegucigalpa. Bild: ap

WIEN taz | Unverrichteter Dinge musste am Dienstag eine Mission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) aus Honduras abreisen. OAS-Generalsekretär José Miguel Insulza und sieben lateinamerikanischen Außenministern gelang es nicht, das Putschregime unter Roberto Micheletti auf den Kompromissvorschlag von San José zu verpflichten. Der von Costa Ricas Präsident Óscar Arias im Juli vorgelegte Plan sieht die Rückkehr des vor bald zwei Monaten abgesetzten Präsidenten Manuel Zelaya und die Bildung einer Übergangsregierung der nationalen Einheit vor.

Zelayas Vizeaußenministerin verlangte bis 29. August ultimativ die Rückkehr ihres Chefs. Denn an dem Tag beginnt der dreimonatige Wahlkampf, an dem Zelaya selbst allerdings nicht teilnehmen kann. Die kleineren Parteien haben den Boykott der Wahlen angekündigt, und die Mitglieder der OAS drohen, eine künftige Regierung nicht anzuerkennen und die diplomatischen Beziehungen abzubrechen. Micheletti blieb ungerührt: "Wir fürchten uns vor niemandes Embargo und werden auch ohne euch weiterkommen".

Das State Department in Washington reagierte prompt mit der Nachricht, honduranischen Staatsbürgern ab sofort nur mehr in wirklichen Notfällen Visa auszustellen. Zelayas Botschafter in den USA, Eduardo Reina, begrüßte diese Sanktion, bedauerte aber die Auswirkungen dieser Entscheidung auf mehr als eine Million Honduraner, die in den USA leben.

Den Zorn der Putschisten bekommen weiterhin all jene zu spüren, die die Wiederherstellung der Verfassungsmäßigkeit fordern. Mehrere Menschenrechtsdelegationen haben Repression und Zensur dokumentiert. Zuletzt prangerte die Interamerikanische Menschenrechtskommission in einem vorläufigen Bericht "unmenschlichen und entwürdigenden Umgang mit Gefangenen", "willkürliche Festnahmen, exzessive Gewaltanwendung" sowie die Unterdrückung oppositioneller Medien und Demonstrationen an.

Marvin Ponce, ein bekannter Menschenrechtsaktivist und Abgeordneter der kleinen Oppositionspartei Unificación Democrática, wurde vor kurzem von der Polizei brutal geprügelt und erlitt drei Armbrüche und einen Beinbruch. Am Wochenende wurden der TV-Kanal 36 - Cholusat Sur - und Radio Globo, die schon wiederholt von Polizeischikanen heimgesucht worden waren, durch einen Sabotageakt am Sendemast zum Verstummen gebracht.

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3 Kommentare

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  • D
    Diether

    Nun hatten wir schon gedacht, das Gespenst des Militärputsches in Lateinamerika überwunden zu haben, doch wir haben uns zu früh gefreut. Es ist wieder das gleiche Spiel: Ein gewählter Präsident, der eine soziale Grundeinstellung hat, die automatisch zu Verlusten des dominierenden Geldadels führt, wird niedergemacht und gleich in die äußerste linke Ecke gestellt. Für die Putschisten müssen wir in Deutschland mit unseren sozialen Errungenschaften, die wir überwiegend noch haben, die reinsten Kommunisten sein! So etwas gehört verurteilt und bekämpft. Eigentlich müsste Honduras bei weiterer Kompromisslosigkeit der Putschisten der nächste Kandidat für einen NATO-Einsatz à la Kosovo und Afghanistan sein, wenn man konsequent sein will.

  • J
    Jascha

    @Udo: Was die Aufregung soll? Eine militärische, gewaltsame Einmischung in die Politik zu Friedenszeiten darf nicht einfach unter den Tisch gekehrt werden! Etwas nur so lange zu verurteilen, bis "Gras" über die Sache wächst, wäre fatal.

    Und zu sagen, dort wäre doch jetzt wieder alles in Ordnung und die Menschen zufrieden ist abartig in anbetracht der massiven Bürgerrechts- und Menschenrechtsverletzungen, der antidemokratischen Vorgehensweise gegen das Versammlungsrecht, die Pressefreiheit und sogar humanitäre Hilfeleistungen. Die lage beruhigt sich vielleicht oberflöchlig gesehen, aber der Zustand der Demokratie wied doch gerade deshalb immer schlimmer.

    "Zelaya ist Geschichte, und man wird sich in ein paar Jahren kaum noch an ihn erinnern."

    Wie kann man damit argumentieren? Das ist doch gerade das schlimme und das, worauf die Putschisten hoffen.

    Natürlich ist Zelaya bei weiten Teilen der Bevölkerung unbeliebt, besonders bei den besserverdienenden, aber zu fordern, man solle sich auf internationaler Ebene dort endlich nicht mehr einmischen, zeugt entweder von unglaublicher Unwissenheit oder aber, und das wäre noch erschreckender, von persönlicher Zustimmung dieser Vorgehensweise, in die Politik einzugreifen. Man muss nicht links, rechts, liberal oder sonstwas sein, um zu wissen, dass die Überwindung der Zeit der militärischen Staatsstreiche nicht rückgängig gemacht werden darf, wenn man sich für die Demokratie ausspricht.

  • UH
    Udo Henn

    Insulza kann ja wohl nicht im Ernst erwartet haben, dass die Regierung von Honduras Zelaya nochmal ins Land laesst. Warum hoert man auf internationaler Ebene nicht endlich auf, sich dort einzumischen? In Honduras ist doch jetzt alles in Ordnung, die Bevoelkerung ist zufrieden, es stehen Wahlen bevor, also was soll die Aufregung noch? Zelaya ist Geschichte, und man wird sich in ein paar Jahren kaum noch an ihn erinnern.