piwik no script img

VerlegerTiefgestapelt im Ferrari

Kommentar von René Martens

Zum 100. Geburtstag seiner Verlagsgruppe hat sich Thomas Ganske ein Jubelbuch schreiben lassen. Darüber freuen muss er sich aber allein

M ichael Jungblut hat den Bestseller "Die Reichen und die Superreichen" geschrieben, weshalb er prädestiniert war, die Ganske-Verlagsgruppe und seine Protagonisten zu porträtieren. Der derzeitige Boss Thomas Ganske ist, so viel ist sicher, das Gegenteil von superarm, er besitzt mehrere Ferraris. Außerdem gilt er als "Tiefstapler" (WamS), und wie das so ist bei solchen Menschen, geben sie zum 100-jährigen Jubiläum ihres Betriebes ein Buch in Auftrag. Dieses hier heißt "Herausforderungen und Antworten".

Ganskes bekannteste Firma ist Hoffmann und Campe (HoCa) - dort ist Jungbluts Werk erschienen -, die zweitbekannteste der Jahreszeiten-Verlag (Für Sie, Merian). Seine Schlitten verdient sich der Verleger des Weiteren mit einem Lesezirkel, einem Luxushotel - und sogar Spielzeug: Es gibt ein Merian-Navigationssystem für Autos, das mit einem elektronischem Reiseführer kombiniert ist.

Hinzu kommt der Buchversand Fröhlich & Kaufmann (F&K), über den es in Jungbluts Werk heißt: "Ob Interessenten sich für Werke aus den Bereichen Malerei, Fotografie, Archäologie oder Design interessieren, bei F&K haben sie gute Chancen, fündig zu werden." Der Autor verrät uns interessierten Interessenten auch, "Kenner" könnten dort "Schnäppchen" entdecken. Doch Obacht: "Wer sich lange nicht gemeldet hat, der bekommt den Katalog nach einer gewissen Zeit nur alle vier Wochen oder seltener."

Überspringen möchte man die Passagen, in denen Jungblut wörtlich zitiert, denn er schätzt das schöne Wort "sagt" nicht, er liebt die Redundanz. Deshalb sagen seine Gesprächspartner nichts, sondern "unterstreichen, dass die Ganske-Gruppe Pionierarbeit geleistet hat". Oder, um ein Beispiel - es geht um die international abweichenden Versionen des bei einer HoCa-Tochter produzierten "BMW-Magazins" - ausführlich zu zitieren: " 'Ein Grieche fährt einfach keinen Diesel, das ist für ihn undenkbar. Dieselmotoren sind in seinen Augen nur etwas für Lkw und Busse', erklärt Kai Laakmann, warum in solchen Fällen eine ,Extrawurst gebraten' wird."

Nichts gegen Weihrauch. Aber: Es dürfte manchen HoCa-Autor wurmen, seine Bücher neben einer überdimensionierten PR-Broschüre platziert zu sehen. Besser gepasst hätten die "Herausforderungen und Antworten" zum für Firmenmagazine zuständigen HoCa-Ableger, der auch mit "Corporate Books" vertraut ist. Eine dort gefertigte Festschrift für die Hamburger Sparkasse preist Jungblut als "besonders gelungener Beweis" dafür, "dass Publikationen, die anlässlich eines Jahrestages herausgegeben werden, nicht langweilig sein müssen".

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!