Verkehrsstreit: Der Kampf um den Kirchenweg
Anwohner wehren sich gegen den geplanten Ausbau des Sülldorfer Kirchenwegs. Die Bezirkspolitiker haben dafür Verständnis und plädieren für eine kleine Lösung.
Der Sülldorfer Kirchenweg ist romantisch, aber in die Jahre gekommen. Die Verbindungsstraße zwischen dem Blankeneser Bahnhof und Sülldorf führt durch Einfamilienhaussiedlungen; sie ist von Bäumen gesäumt und so holperig, dass sie grundlegend erneuert werden muss. Die Altonaer Bezirksverwaltung möchte die Straße bei dieser Gelegenheit modernisieren, sprich: verbreitern. Die Anwohner wehren sich und haben zumindest eines erreicht: Die Parteien in der Bezirksversammlung sprechen sich für eine kleine Lösung aus. „Wir werden keiner Planung zustimmen, die nicht auf einem Konsens mit allen Beteiligten beruht“, sagt Eva Botzenhart von der Bezirksfraktion der Grünen.
Die Pläne der Bezirksverwaltung sehen vor, die heute fünf bis sechs Meter breite Fahrbahn im Zuge der Grundinstandsetzung auf acht Meter zu verbreitern und dabei an den Rändern jeweils 1,5 Meter breite Fahrradschutzstreifen abzuteilen. Im Gegensatz zu Radfahrstreifen, die für Autos und Busse tabu sind, dürfen Schutzstreifen in Ausnahmefällen befahren werden, auch dürfen Autos kurzzeitig darauf parken. Zu beiden Seiten der Fahrbahn soll überdies ein breiter Gehsteig entstehen.
Große Teile der Anwohnerschaft lehnen diesen Ausbau ab, weil er den Charakter der Straße verändern würde. „Der Sülldorfer Kirchenweg könnte auf diese Weise zur einer regionalen Hauptverkehrsader werden“, sagt der Anwohner Wolfgang Zetsche. Zum Teil auf öffentlichem Grund liegende Vorgärten würden verkleinert, Bäume müssten fallen und ein Teil der Anwohner müsste sich an den Ausbaukosten beteiligen, weil ein Abschnitt der Straße zum ersten Mal ordentlich hergerichtet wird.
In einer Beschlussempfehlung für den bezirklichen Hauptausschuss sprechen sich die Mehrheitsfraktionen der SPD und der Grünen dafür aus, den Charakter der Straße zu bewahren. Eine schlichte Erneuerung reiche jedoch nicht aus: „Die Straße entspricht nicht mehr den Kriterien, die heute, insbesondere mit Blick auf Radfahrer, Fußgänger und öffentlichen Nahverkehr, gefordert sind“, heißt es in der Vorlage. Der Sülldorfer Kirchenweg fungiere als Notfallstrecke, ein Metrobus fahre durch und ein Gymnasium liege hier.
Weil die bisherigen Versuche, einen Kompromiss zwischen den Vorstellungen der Verwaltung und der Anwohner zu finden, gescheitert sind, haben Sozialdemokraten und Grüne einen Vorschlag zur gütlichen Einigung gemacht: Die Fahrbahn soll auf höchstens 6,50 Meter verbreitert werden und die Gehsteige dürfen auf 1,50 Meter verschmälert werden, wenn ein Baum oder private sowie privat genutzte Flächen angetastet werden müssten. Eine Planung auf dieser Basis soll von einem externen Büro begutachtet werden. Der Senat wird gebeten, die Höchstgeschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer zu begrenzen.
Die Opposition aus CDU, FDP und Linken ist damit einverstanden, hält aber das Gutachten für rausgeschmissenes Geld. Die drei Fraktionen hätten deshalb einen Alternativantrag eingebracht, sagt der CDU-Bezirksabgeordnete Tim Schmuckall. Eine Verbreiterung mache trotz der Schutzstreifen die Straße optisch schneller. Auch die CDU hätte kein Problem mit Tempo 30, versichert Schmuckall.
Es sei im Interesse der Stadt, wenn die Straße mit Blick auf die Verkehrssicherheit so gut wie möglich ausgebaut werde, kommentierte das Bezirksamt. Ob Tempo 30 infrage kommen könnte, lasse sich derzeit noch nicht sagen, teilte die Verkehrsbehörde mit.
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