Verkehr: Ein Brückenschlag für Radler
Die Warschauer Straße zwischen Frankfurter Tor und S-Bahn-Brücke soll bis 2015 endlich fahrradfreundlich werden.
Lang ist er nicht, der Abschnitt der Warschauer Straße zwischen dem gleichnamigen S-Bahnhof und dem Frankfurter Tor. Knapp 950 Meter sind es, aber die haben es in sich: Auf der Warschauer Straße enden Radwege unvermutet im Autoverkehr, in zweiter Reihe parken warnblinkende Lkws, der bucklige Straßenbelag scheint über Jahre nur dort ausgebessert worden zu sein, wo es am nötigsten war. Auf der wichtigsten Verbindung zwischen Friedrichshain und Kreuzberg müssen sich alle VerkehrsteilnehmerInnen irgendwie durchwurschteln.
Bald soll das Durchwurschteln endlich ein Ende haben, die „Warschauer“ ein ganzes Stück fahrradfreundlicher sein: Seit vier Jahren planen der Senat und der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg umfangreiche Umbaumaßnahmen, im September soll es losgehen – zum geplanten Ende der Bauarbeiten gibt es derzeit noch widersprüchliche Angaben: Seitens des Bezirks hieß es in einer Pressemitteilung des zuständigen Grünen-Stadtrats Hans Panhoff vom gestrigen Montag, dass man bis Ende September 2015 fertig sein will. Eine eigens eingerichtete Homepage für das Bauprojekt nennt dagegen den Dezember nächsten Jahres als Deadline. Vonseiten des Bezirks war zu der unklaren Terminierung gestern keine Stellungnahme zu bekommen.
Das wichtigste Detail des Bauplans sind die Fahrradspuren, die in beiden Fahrbahnrichtungen auf der Straße entstehen sollen. Die Zahl der Autospuren – zwei sind es in jeder Richtung – bleibt erhalten, für die Fahrradwege müssen, bis auf wenige Ausnahmen, die Parkplätze entlang des Fahrbahnrands weichen. Übrig bleiben Parkbuchten für den Lieferverkehr. Um einen Teil des Parkraumverlusts auszugleichen, soll in einigen Nebenstraßen künftig quer statt längs geparkt werden.
FahrradfahrerInnen hingegen bekommen mehr Möglichkeiten, das Fahrrad abzustellen: Am S-Bahnhof Warschauer Straße soll es eine Park-and-ride-Zone mit 125 Abstellplätzen geben. Zusätzlich sollen laut Bezirk entlang des Bauabschnitts 125 weitere Fahrradbügel aufgestellt werden. Die Kosten für die Baumaßnahmen sind mit 2,3 Millionen Euro veranschlagt.
Fahrradverbände zeigen sich erleichtert: „Mit dem Umbau wird eine große Lücke im Hauptroutennetz geschlossen“, sagt Eva-Maria Scheel, Berliner Landesvorsitzende des Fahrradklubs ADFC. Gemeinsam mit dem Senat arbeite der ADFC daran, ein durchgängiges Wegenetz für RadfahrerInnen zu schaffen. Weil die finanziellen Mittel begrenzt sind, konzentriere man sich derzeit darauf, Lücken an wichtigen Stellen zu schließen.
Ulrike Heringer von der Initiative „Alle Macht den Rädern“ erhofft sich von den Maßnahmen eine Signalwirkung auch auf andere Bezirke: Häufig würde man von RadfahrerInnen erwarten, dass sie sich mit Nebenstraßen zufriedengeben. Heringer: „Tatsächlich nutzen aber immer mehr Menschen das Fahrrad als Transportmittel, gerade im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Den Umbau der Warschauer Straße sehe ich deshalb als notwendige Anpassung an die Realität.“
Die Besorgnis von Gewerbetreibenden, dass die Kundschaft mangels Parkplätzen ausbleiben werde, könne sie nachvollziehen – andererseits bestehe auch die Möglichkeit, sich neue Kundenkreise zu erschließen: „Ich kenne einige Menschen, die die Warschauer Straße bislang aus Angst nicht befahren, weil es dort keine Fahrradspur gibt.“
Aber auch FußgängerInnen und AnwohnerInnen sollen laut Bezirk von den Baumaßnahmen profitieren. An der Kreuzung Warschauer Straße und Kopernikusstraße soll eine neue Querungsmöglichkeit entstehen. Zudem sollen die Fahrbahnen einen lärmmindernden Straßenbelag erhalten. Dafür wird die Warschauer Straße voll gesperrt. Die Sperrung soll sich jedoch auf Wochenenden beschränken, in der übrigen Zeit soll mindestens eine Spur befahrbar sein.
■ Im Netz: www.umbau-warschauer-strasse.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
SPD-Linker Sebastian Roloff
„Die Debatte über die Kanzlerkandidatur kommt zur Unzeit“
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los