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■ Verhandlungen zwischen Nord- und Süd-Korea geraten ins StockenEin Spiel auf Zeit

Die Verhandlungen zwischen den beiden koreanischen Staaten in Peking sind, kaum hatten sie begonnen, sogleich ins Stocken geraten. Man drohte sogar mit dem Abbruch. Bei den ersten bilateralen Gesprächen seit vier Jahren verlangt Pjöngjang vom Süden die bedingungslose Zusage von Düngemittellieferungen zur Eindämmung der in Nord-Korea herrschenden Hungersnot. Seoul fordert im Gegenzug Fortschritte bei der Familienzusammenführung. Gestern machten sich beide Seiten gegenseitig für das Scheitern verantwortlich – nun sieht es so aus, als wäre die Drohung mit dem Abbruch ein Trick gewesen.

Beiden Seiten brauchen den Verhandlungserfolg. Der Norden ist ohne Hilfe von außen kaum noch überlebensfähig. So hat Pjöngjang wegen der schweren Hungersnot überraschend die Inititiative zu den Verhandlungen ergriffen. Der Norden braucht den Dünger aus dem Süden. Das Regime steht mit dem Rücken zur Wand, verweigert aber jedes Zugeständnis. Auch der Süden steckt in einer schweren Wirtschaftskrise. Diese hat dazu geführt, daß Wiedervereinigungsszenarien angesichts der enormen Kosten eines Zusammenbruchs im Norden jetzt weniger von Kalter-Kriegs-Logik geprägt sind. Statt wie früher den Kollaps des Nordens herbeizuwünschen, tendiert man im Süden jetzt zunächst zu einer Stabilisierung und Entspannung der Situation auf der koreanischen Halbinsel. Der schon seit langem Entspannung favorisierende neue Präsident Kim Dae-jung ist zudem an Erfolgen seiner Nord-Politik interessiert. Darum hat er der Forderungen Pjöngjangs, nur in Peking zu verhandeln, nachgegeben, statt auf Verhandlungen am Grenzort Panmunjom zu beharren. Doch weitere Zugeständnisse ohne Gegenleistungen kann sich Kim innenpolitisch kaum leisten. Seiner Gegner haben ihn schon immer als Handlanger Pjöngjangs dargestellt.

Das große Interesse beider Seiten an den Verhandlungen bei gleichzeitigem Unwillen, Zugeständnisse zu machen, macht die Lage so verzwickt. Angesichts der schweren Hungersnot im Norden und der Millionen Koreaner, die seit dem Korea-Krieg nichts mehr von ihren Verwandten im jeweils anderen Teilstaat gehört haben, ist das Spiel auf Zeit, auf das beide Seiten setzen, freilich makaber. Sven Hansen

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