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■ Verfassungsschutz und PDSOver, das Gespenst

Ein Gespenst geht um im Abgeordnetenhaus: Frederik Over, hochstehende Haare, Ohrring und bislang eher dem Verfassungsschutz bekannt. Ein Rebell auf PDS-Ticket, der jetzt CDU und SPD das Fürchten lehrt. Der Hausbesetzer und kapitalgewandte Geschäftsführer eines selbstverwalteten Getränkevertriebs namens KGB soll nicht stellvertretender Vorsitzender im Verfassungsschutz-Ausschuß werden. Weil der junge Mann bekanntgegeben hat („Hört, hört“), die Sitten des Hauses nicht ganz so streng zu nehmen. Er wolle soweit wie möglich seine Arbeit im Ausschuß „transparent“ machen, hat er versprochen. Das klingt ehrenwehrt, hat doch das Gremium Transparenz wahrlich nötig. So recht weiß eigentlich niemand, wozu der Ausschuß da ist, stehen doch dessen Kosten in einem höchst zweifelhaften Verhältnis zum demokratischen Ertrag. Meist glich er mehr einer Schleuse zur Geheimkammer als einer Quelle der Erkenntnis. Immer dann, wenn der Amtschef so richtig Geheimes ausplauderte, klappten nämlich die Türen zu, wurden Presse und Öffentlichkeit vor die Tür gesetzt. Die Christdemokraten, mangels Feindbild intellektuell unterfordert, reagierten wie erwartet: Auf Overs Ankündigung folgte die Hysterie wie der Donner auf den Blitz. Natürlich wohldosiert und kalkuliert und, wie es sich heute gehört, per Fax. Was uns das Schauspiel lehrt? Gewonnen hat mal wieder die parlamentarische Maschinerie. Die CDU darf sich glücklich schätzen und schäumt vor Staatstreue. Und Frederik Over, der clevere Neuling im müden Abgeordnetenhaus, bestätigt aufs allertrefflichste, was der Verfassungsschutz über ihn wußte: daß er nämlich doch eher ein „Politclown“ sei. Severin Weiland

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