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Verfassungsklage gegen elektronische Wanzen

■ FDP-Rechtsexperte Hirsch will „Bürgersinn“ verteidigen und kündigte Klage an

Berlin (taz/AP) – Der FDP- Rechtsexperte Burkhard Hirsch hat Verfassungsklage für den Fall angekündigt, daß der „Große Lauschangriff“ vom Bundestag beschlossen wird. In einem Zeitungsinterview erklärte Hirsch gestern: „Ich würde selbst in Karlsruhe klagen, wenn die Wanze eingeführt wird.“ Er wolle „nicht die Verbrecher schützen. Aber ich will in einer Gesellschaft leben, in der es keines Mutes bedarf, um seine Gedanken zu äußern, sondern einfachen Bürgersinns.“ Beim „Großen Lauschangriff“ kritisierte Hirsch die „totale Heimlichkeit der Kontrolle“. Es sei ein Irrtum zu glauben, den einfachen Bürger betreffe der Einsatz von elektronischen Wanzen nicht. „Die Wanze würde natürlich nicht beim Mafioso gelegt, sondern bei den sogenannten Kontaktpersonen: bei den Eltern, den Geschwistern, der Lebensgefährtin, den Arbeitskollegen. Das heißt, der Kreis der betroffenen Personen ist nicht abgrenzbar.“

Während sich die SPD nach einem Präsidiumsbeschluß am Montag für einen eingeschränkten Lauschangriff ausgesprochen hat, verwies der Berliner Datenschutzbeauftragte Hansjürgen Garska gestern auf den Beschluß der Konferenz der Datenschutzbeauftragten aus Bund und Ländern im Oktober letzten Jahres. Mit Ausnahme Bayerns hatten alle Vertreter gefordert, den Lauschangriff auf Privatwohnungen zum Zwecke der Strafverfolgung auch in Zukunft nicht zu erlauben. Die CDU hat unterdessen neue Forderungen nach weiteren Kontrollmöglichkeiten erhoben. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Erwin Marschewski, sprach sich dafür aus, bei Verdacht auf Bildung krimineller Vereinigungen, Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß das Anzapfen von Telefonen Verdächtiger zu erleichtern. Dazu sollte das G-10-Gesetz geändert werden.

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