Verfassungsgericht stärkt Informationsrechte: Kohlegeld ist kein Geschäftsgeheimnis

Nordrhein-westfälisches Verfassungsgericht stärkt Informationsrechte von Abgeordneten: Der Kohlekonzern RAG muss seine Förderkosten detailliert offenlegen.

Die wirtschaftlichen Details jeder einzelnen RAG-Zeche müssen offengelegt werden. Bild: dpa

Mit einem Grundsatzurteil hat der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof die Rechte der Abgeordneten des Düsseldorfer Landtags gestärkt. Die CDU-geführte Landesregierung habe den verfassungsrechtlichen Informationsanspruch des stellvertretenden Vorsitzenden der Grünen-Landtagsfraktion, Reiner Priggen, "verletzt, indem sie von ihm gestellte parlamentarische Anfragen zu steinkohlepolitischen Themen in einigen Punkten nicht oder nur eingeschränkt beantwortete", sagte der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Michael Bertrams, in seiner mündlichen Urteilsbegründung. Das Münsteraner Gericht folgte damit einer Organklage der Grünen-Fraktion.

Bereits im September 2006 hatte Priggen 15 kleine Anfragen an das schwarz-gelbe Kabinett gerichtet. Darin forderte der Steinkohlegegner detailliert Auskunft über die Förderkosten der verbliebenen sieben Bergwerke in Nordrhein-Westfalen: Schließlich subventioniert der Bund den letzten verbliebenen Förderer, die RAG - früher Deutsche Steinkohle, davor Ruhrkohle AG - mit jährlich über 2 Milliarden Euro; das größte Bundesland zahlt noch einmal 564 Millionen Euro.

Landeswirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) berief sich vor Gericht dagegen auf angebliche Geschäftsgeheimnisse der RAG. Außerdem stelle die als Aktiengesellschaft geführte RAG viele Informationen dem Land überhaupt nicht zur Verfügung.

Doch der Steinkohleförderer, dessen Absatz an die deutschen Steinkohlekraftwerke durch die Subventionen garantiert wird, ist kein gewöhnliches Privatunternehmen, urteilten die Münsteraner Richter: Zwischen "den Geschäftsinteressen des Unternehmens und den energiepolitischen Belangen des Staates" bestehe "eine enge funktionale Verzahnung, die in der Höhe der dem Unternehmen gewährten Subventionen zum Ausdruck" komme, so das Gericht. Priggen habe deshalb einen "grundsätzlichen Anspruch auf vollständige und zutreffende Beantwortung" seiner Fragen.

Als "Meilenstein" wertet der Energiepolitiker selbst das Urteil: "Endlich werden wir die Höhe der Förderkosten jeder einzelnen Zeche erfahren", sagte Priggen der taz. Auch die Kosten der Altlasten und die sogenannten Ewigkeitskosten jedes Bergwerkstandorts würden nun endlich öffentlich. Hintergrund sind Forderungen der SPD und der Gewerkschaft BCE nach einer Revision des Kohlekompromisses, der eine Schließung der deutschen Steinkohlezechen bis 2018 vorsieht.

Das NRW-Wirtschaftsministerium kündigte an, das Urteil "sehr sorgfältig auszuwerten" und seine "Verwaltungspraxis" zu ändern. Konkret bedeute dies eine stark verbesserte Information des Landtags und damit der Öffentlichkeit, hofft Priggen: So müsse auch CDU-Landesumweltminister Eckhard Uhlenberg im Skandal um mit der Industriechemikalie PFT verseuchte Äcker nun die Lage jeder einzelnen Fläche genau benennen. "Das Gericht sorgt so für mehr Aufklärung", sagt Priggen. "Das Urteil ist historisch."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.