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Verfassungsfeinde in Nadelstreifen

betr.: „Man muss die Tarifparteien abschaffen“

Die Verfassungsfeinde von heute tragen Nadelstreifen und Krawatte. Thomas Straubhaar vom privatwirtschaftlich geführten HWWI will die grundgesetzlich garantierte Tarifautonomie abschaffen und präsentiert den neoliberalen Ladenhüter „betrieblicher Bündnisse“ als den Heilsweg aus der Arbeitslosigkeit. Dabei ignoriert er standhaft, dass es gerade in Ostdeutschland mangels Tarifbindung die Zustände gibt, die er als volkswirtschaftlichen Idealzustand anpreist.

Was Straubhaar als Problem des Flächentarifvertrages beklagt, dass sie nämlich eine „flexible“ Lohnfindung unter „freien“ Marktbedingungen behindere, ist gerade das beste Argument für Flächentarifverträge. Ein Blick in die Branchen mit schwacher Tarifbindung, wie dem Gastgewerbe, Bäcker- und Fleischerhandwerk, zeigt, wie sich „freie“ Marktbedingungen auswirken: Nach Auslaufen oder Kündigung von Tarifverträgen spielen die Arbeitgeber dort „wilde Sau“ und Unternehmen, die sich gegenüber ihren Beschäftigten fair verhalten, geraten unter Druck. Das Ergebnis ist Lohndumping und eine größer werdende Schicht der working poor.

Nötig ist eine Stärkung der Tarifparteien durch einen gesetzlich garantierten Mindestlohn, der nicht nur sozialpolitischen Nutzen hätte, sondern durch die unmittelbar in den Konsum gehende Stärkung der Binnennachfrage auch konjunkturell wirksam wäre. Abgeschafft gehören höchstens Wirtschaftsforschungsinstitute, die seit mehr als einem Jahrzehnt keine auch nur annähernd korrekte Konjunkturprognose mehr abgeliefert haben. KAI BERKE, Hannover

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