piwik no script img

Verfassungsbrecher in Ministerrang

Urteil: Ausgaben der NRW-Regierung am Parlament vorbei waren „verfassungswidrig“  ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs

„Wir bitten Sie mitzuteilen, wie Sie die Schädigung des Landeshaushaltes in Höhe von fünf Millionen Mark auszugleichen beabsichtigen...“ So lautet eine der zahlreichen Fragen, die die Düsseldorfer CDU/FDP-Opposition Ministerpäsident Johannes Rau Anfang der Woche vorlegte – als Reaktion auf eine Entscheidung des Münsteraner Verfassungsgerichtshofes. „Zur Prüfung von etwaigen Regressansprüchen“ gegen Beamte und Minister verlange die Opposition vollständige Aufklärung, wer was im Zusammenhang mit der Finanzierung der Anzeigenserie des Düsseldorfer Umweltministeriums angeordnet habe, sagte gestern FDP- Chef Achim Rohde vor der Presse in Düsseldorf.

Der NRW-Umweltminister Klaus Matthiesen hatte kurz vor der letzten Landtagswahl eine fünf Millionen Mark teure Kampagne mit sogenannten Müllspartips gestartet. Das Geld bewilligte der Düsseldorfer Finanzminister Heinz Schleußer seinerzeit am Parlament vorbei aus einem sogenannten „Verstärkungstitel“, der vom Landtag bestenfalls im Nachhinein kontrolliert werden kann.

Dieses Finanzgebahren wies der Verfassungsgerichtshof in Münster Ende Januar als verfassungswidrig zurück. Mit der Methode „verschleiere“ und „entmachte“ die Rau-Regierung das Parlament. Mit dieser Entscheidung erteilte das Gericht den beteiligten Ministern Matthiesen und Schleußer, die zuvor im Einklang mit der SPD-Landtagsfraktion eine entsprechende Rüge des Landesrechnungshofes noch naßforsch zurückgewiesen hatten, eine deftige Ohrfeige. Nach Auffassung des von der CDU und FDP angerufenen Münsteraner Gerichts hätte die Kampagne bis zur Verabschiedung eines Nachtraghaushaltes verschoben werden müssen.

Gegen die Anzeigenserie hatten im vergangen Jahr auch schon die Grünen geklagt, weil sie darin eine unzulässige Wahlwerbung sahen. Nachdem die Klage der Grünen zur Freude der Landesregierung bei den Münsteranern Verfassungsrichtern gescheitert war, gab es jetzt doch noch die richterlichen Prügel. Mit Blick auf die damalige Entscheidung verbreitet die Landesregierung unterdessen nach wie vor: Unsere Kampagne war „rechtens“.

Darin sieht die Opposition eine „unglaubliche“ Verdrehung des Urteils. FDP-Chef Rohde gestern wörtlich: „Eine verfassungswidrig finanzierte Anzeigenkampagne kann unter keinem Gesichtspunkt rechtens sein“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen