Verfahren wegen Hitlergruß: GEZ noch?
Immer wieder werden Übergriffe von Kontrolleure der Gebühreneinzugzentrale bekannt. Im schwäbischen Ehingen musste sich nun eine Mitarbeiterin vor Gericht verantworten.
Eine 54-jährige Ulmerin wurde wegen dem Zeigen verfassungsfeindlicher Zeichen zu einer Geldstrafe verurteilt. Sie hatte ihm Rahmen ihrer Tätigkeit für die GEZ einen Gastwirt in Munderkingen (Raum Ulm) beleidigt und ihm den Hitlergruß gezeigt.
Die Frau, die stundenweise für die GEZ arbeitet, behauptete vor dem Richter, sie wisse gar nicht, wie der Hitlergruß geht. Die Anklageschrift gab anderes wieder: Der von ihr beschimpfte kroatische Gastronom sagte aus, die Frau habe ihm salutiert und den Hitlergruß gezeigt, nachdem sie ihn zuvor als „Schwarzseher“ und „Schwarzhörer“ bezeichnet und ihn weiterhin damit beleidigt hatte, dass er „sich waschen und dahin gehen soll, wo er herkommt“. Bereits eine Woche zuvor war die Frau mit ihrem Ehemann, der ebenfalls für die GEZ arbeitet, in der Gastwirtschaft erschienen, um sie auf gebührenpflichtige Geräte zu überprüfen. Als der Wirt die beiden Kontrolleure darauf hinwies, dass es diese nicht gibt, griff ihn der Mann tätlich an.
Ähnliche Ausfälle von GEZ-Mitarbeitern sind zwar landläufig bekannt, führen aber nur selten zu einer Klage. Den letzten juristischen Versuch gab es im Juli diesen Jahres in Hamburg, als ein Bauarbeiter von einem GEZ-Kontrolleur mit Pfefferspray angegriffen wurde. Dieser hatte versucht, sich Zugang zur Baustelle des zur Kontrolle vorgesehenen Hauses zu verschaffen. Auch die Bespitzelung von Kleingärten durch die sich nicht selten im Sheriffstil gebärdenden Honorarfahnder hat schon häufig für Beschwerden gesorgt.
Einige Beispiele in der Kette variantenreicher GEZ-Übergriffigkeiten unterschiedlicher Dimension. Das Urteil in Ehingen ist immerhin ein Zeichen gegen diese Mischung aus schnüfflerischer Impertinenz, Spaß an der Denunziation und aggressivem kleinbürgerlichem Machtgehabe, dass sich legitim wähnt bis hin zur Ausübung von tätlicher Gewalt. Gegen das Beschaffen von persönlichen Daten durch Dritte zur Weitergabe an die GEZ und gegen das gewalttätige Eindringen von durch die GEZ beauftragten Gerichtsvollziehern in Wohnungen lässt sich nur schwer juristisch vorgehen, gegen letzteres bislang faktisch gar nicht. Das liegt daran, dass die GEZ als Vollstreckungsbehörden der staatlichen Rundfunkanstalten die Hauptzollämter beauftragen, die sich wiederum der Finanzämter im Wege der Amtshilfe bedienen. Die Finanzämter werden wiederum durch eigene Gerichtsvollzieher tätig, was bedeutet, dass der Weg über die ordentlichen Gerichte entfällt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was