Ver.di-Glückwünsche an Steffen Seibert: Rückkehr als Intendant?
Nachdem ZDF-Nachrichtensprecher Steffen Seibert bekannt gab, Merkels neuer Regierungssprecher zu werden, gratuliert die Gewerkschaft Ver.di im ZDF auf ihre Weise.
Während sich noch alles wundert, warum ein Mensch wie "heute"-Moderator Steffen Seibert Regierungssprecher bei Angela Merkel wird, haben die Gewerkschafter von "Ver.di im ZDF" den eigentlichen Masterplan enthüllt: Nicht nur die CDU beeinflusst Karrieren im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, es geht auch "in umgekehrter Richtung", schreibt Ver.di mit höflichen Glückwünschen an Seibert.
Denn der sei für "das Personaltableau der Regierungskoalition nicht nur eine große Bereicherung, sondern könnte "ein erster Schritt sein, eine ganze Reihe unübersehbarer Kompetenzprobleme in Merkels Kabinett zu lösen. Wäre das Wirtschaftsressort nicht bei einem ,WISO'-Kollegen in besseren Händen? Für das Außenministerium kämen gleich mehrere erfahrene Korrespondenten infrage, die sogar Fremdsprachen beherrschen. Das Magazin ,Leute heute' könnte eine telegene Familienministerin stellen."
Und weil mit Blick auf Seiberts Vorgänger Ulrich Wilhelm, der BR-Intendant wird, ja auch der Wechsel vom unabhängigen Journalismus in die aktive Politik keine Reise ohne Rückfahrkarte mehr ist, freut sich der Ver.di-Vorstand bereits auf eine Rückkehr: "Intendanten werden immer wieder gesucht."
**********
Die Ver.di-Glückwünsche an Steffen Seibert:
Lieber Steffen Seibert,
herzlichen Glückwunsch zu Ihrer neuen Perspektive als Sprecher von Angela Merkel. Die Bundesregierung braucht endlich gute Leute – das sehen wir auch so. Nachdem die Bundeskanzlerin im vergangenen Jahr die Proteste gegen den Rausschmiss von Nikolaus Brender als ZDF-Chefredakteur ignorierte, ist es besonders erfreulich, dass Sie als einer der Unterzeichner eines Protestbriefs in ihre Nähe gelangen. Sie haben jetzt die Chance ihr zu erklären, wie wichtig Staatsferne für den öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist und warum auf Redaktionen kein politischer Einfluss ausgeübt werden soll.
In der Öffentlichkeit wurde oft behauptet, die CDU würde im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Karrieren beeinflussen. Ihre Berufung beweist, dass ein berufliches Fortkommen auch in umgekehrter Richtung möglich ist.
Ver.di im ZDF begrüßt den Wechsel des "heute"- und "heute journal"-Anchor ganz ausdrücklich. Der ZDF-Journalist ist für das Personaltableau der Regierungskoalition nicht nur eine große Bereicherung, sondern könnte ein erster Schritt sein, eine ganze Reihe unübersehbarer Kompetenzprobleme in Merkels Kabinett zu lösen. Wäre das Wirtschaftsressort nicht bei einem WISO-Kollegen in besseren Händen? Und für das Außenministerium kämen gleich mehrere erfahrene Korrespondenten in Frage, die sogar Fremdsprachen beherrschen. Das Magazin leute heute könnte eine telegene Familienministerin stellen.
Aus diesem Grund bedauert ver.di im ZDF, dass die Neubesetzung des Bundespräsidenten-Amtes ohne Rücksprache erfolgt sei. Auch dafür hätte der Sender mühelos Kandidaten vorschlagen können, die nicht nur diplomatisches Agieren auf schwierigem Terrain in großer Würde mühelos beherrschen, sondern sogar schon einschlägige Erfahrung im Verlesen von Fernsehansprachen mitbringen.
Ihnen wünschen wir viel Glück, wenn Sie jetzt mit aller Kraft den Bürgern Merkels Politik vermitteln wollen. Journalisten sollen stets neugierig sein und auch die "andere Seite" kennen lernen wollen. Die alte Regel, derzufolge ein Wechsel vom unabhängigen Journalismus in die aktive Politik eine Einbahnstraße und eine Rückkehr ausgeschlossen sei, ist nicht mehr zeitgemäß. Ihr Vorgänger wurde zum Intendanten des Bayrischen Rundfunks gewählt. Wir freuen uns auf eine Rückkehr, Intendanten werden immer wieder gesucht. Der Vorstand von ver.di im ZDF 12. Juli 2010
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz