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Archiv-Artikel

Verdammt vom Papst

betr.: „Wo Papst draufsteht, ist Papst drin“, taz vom 15. 6. 05

In dieser Welt ist der Papst eine der mächtigsten Instanzen. Wo er gehört wird, hat das für die von ihm Verdammten Folgen. Man muss da nur in das Land 50 Kilometer östlich von Berlin schauen und sehen, was am Christopher Street Day in Warschau geschieht.

Man muss sich des Weiteren vorstellen, was geschähe, wenn der Papst sich nicht homophob, sondern antisemitisch äußerte. Niemand würde da von Meinungsfreiheit reden, niemand würde sich wundern, wenn der Zentralrat der Juden in Deutschland sich zur Wehr setzte, wie es im Falle Ratzingers der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) tut. Die Unterstützer Ratzingers berufen sich auf eine Meinungsfreiheit, die deutsche Intellektuelle vor 100 Jahren ganz selbstverständlich in Anspruch nahmen, wenn es um die so genannte Judenfrage ging. Zwischen dieser Zeit und heute liegt Auschwitz – ein Lager, in dem auch einige Homosexuelle waren, was von der katholischen Kirche bis heute nicht anerkannt wird. Da wird lieber der Schutz vor homophober Gewalt durch die UN-Menschenrechtskonvention vom Vatikan erfolgreich hintertrieben. Ratzinger hat ja auch – konsequent wie er ist – in einem Lehrschreiben von 1986 eine solche Gewalt als Folge homosexueller Emanzipation gerechtfertigt. Die Meinungsfreiheit des Papstes kann handfeste, ja tödliche Folgen haben. ROLF FÜLLMANN, Köln