Verdacht auf Täuschung des Landtages: Wulffs 500.000-Euro-Problem
Das Ehepaar Wulff soll sich eine halbe Million Euro von einem Unternehmer geliehen haben. Vor seiner Wahl bestritt er die Geschäftsbeziehungen. Nun tauchten Dokumente auf.
BERLIN afp/dapd | Bundespräsident Christian Wulff steht nach einem Bericht der Bild-Zeitung vom Dienstag im Verdacht, im vergangenen Jahr als Ministerpräsident von Niedersachsen den Landtag getäuscht zu haben. Die Zeitung berief sich dabei auf ihr vorliegende Dokumente.
Demnach geht es um einen privaten Kreditvertrag über 500.000 Euro, den Wulff und seine Frau Bettina mit der Ehefrau des Osnabrücker Unternehmers Egon Geerkens geschlossen hatten. Die Grünen im niedersächsischen Landtag hatten dem Bericht zufolge im Februar 2010, vier Monate vor der Wahl Wulffs zum Staatsoberhaupt, wissen wollen, ob es geschäftliche Beziehungen zwischen dem Ministerpräsidenten und Geerkens gegeben habe.
Der Kauf: ein Einfamilienhaus
Zuvor war bekannt geworden, dass das Ehepaar Wulff den Weihnachtsurlaub 2009 in einer Villa des Unternehmers in Florida verbracht hatte. Daraufhin ließ Wulff im Landtag unter Hinweis auf Geerkens erklären: "Zwischen Ministerpräsident Wulff und den in der Anfrage genannten Personen und Gesellschaften hat es in den letzten zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen gegeben."
Nach Angaben der Bild-Zeitung hatte Wulff aber mit Geerkens Ehefrau im Oktober 2008 einen privaten Kreditvertrag über eine halbe Million Euro zu einem Zinssatz von vier Prozent geschlossen. Mit dem Geld kauften die Wulffs ein Einfamilienhaus. Wie das Blatt weiter berichtete, löste Wulff den privaten Kredit im Februar 2010 - wenige Tage nach der Parlamentsanfrage im Landtag - durch einen Kredit bei der BW Bank in Stuttgart ab, obwohl der Darlehensvertrag mit der Unternehmerehefrau noch bis November 2013 lief.
Das Bundespräsidialamt hat die Anschuldigungen zurückgewiesen. Wulff habe eine Anfrage der Grünen zu geschäftlichen Beziehungen zum Osnabrücker Unternehmer Egon Geerkens "korrekt beantwortet", sagte am Dienstag der Sprecher der Bundespräsidenten, Olaf Glaeseker.
"Solche geschäftlichen Beziehungen bestanden und bestehen nicht. Es bestand eine Vereinbarung mit Frau Edith Geerkens zu einem Darlehen aus ihrem Privatvermögen. Dementsprechend wurde die unmissverständliche Anfrage wahrheitsgemäß verneint", sagte Glaeseker, der sich mit Wulff derzeit zu einem Staatsbesuch in Kuwait aufhält.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt