Verbraucherschützer über grüne Anlagen: Ohne Vertrauen geht nichts

Wer Geld nachhaltig anlegen will, steht vor großen Fragen: Welches Anlageprodukt bringt Rendite? Und welches ist vertrauenswürdig? Ein Gespräch mit der Verbraucherzentrale.

Nachhaltige Investments? Ein ziemlich undurchsichtige Sache Foto: pa/dpa/Daniel Reinhardt

taz: Frau Behn, an welchen Kriterien können Menschen sich orientieren, wenn sie Geld nach Kriterien der Nachhaltigkeit anlegen möchten?

Anke Behn: Man beginnt erst einmal wie bei jeder Geldanlage. Man muss für sich definieren, was man selbst will – welche Sicherheit, welchen Anlagezeitraum, welche Renditeerwartungen, kurz: welche Art von Produkt. Wenn man das geklärt hat, kann man sich zu der betreffenden Anlageform ein passendes Produkt suchen, das sich an Nachhaltigkeitskriterien orientiert.

Im Prinzip gibt es inzwischen ja jedes Produkt auch in nachhaltiger Variante. Doch wie nachhaltig ein Produkt tatsächlich ist, lässt sich nicht leicht erkennen, denn es gibt dafür keine einheitliche Definition. Der Begriff ist nicht geschützt und es gibt auch noch keine Mindeststandards. Jeder Anbieter kann etwas anderes damit meinen.

Anke Behn ist Referentin für Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Bremen. Weitere Informationen zu nachhaltigen Geldanlagen stellt die Verbraucherzentrale Bremen auf der Webseite „Geld bewegt“ zur Verfügung: www.geld-bewegt.de

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Aber wie stellt man dann sicher, dass das angelegte Geld wirklich im eigenen Sinne verwendet wird?

Auch in diesem Punkt sollte jeder seine Ziele definieren. Man kann Produkte wählen, die nur gewisse Branchen wie die Atom- und Rüstungsindustrie oder bestimmte Verhaltensweisen wie Kinderarbeit grundsätzlich ausschließen. Oder man achtet darauf, dass die Produkte weitere Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Auch kann man Wert auf eine eindeutig messbare Wirkung legen, zum Beispiel indem man in ein neues Projekt zur Nutzung erneuerbarer Energien einsteigt.

Wenn ich jetzt kein Interesse am Aktienmarkt habe, kann mir die Verbraucherzentrale auch dann helfen? Wenn ich zum Beispiel in eine Genossenschaft vor Ort investieren möchte?

Wer solche Optionen prüft, kennt oft die Akteure und deren Projekte, deswegen sind wir als Verbraucherzentrale zu diesem Thema weniger gefragt. Aber so viel kann ich sagen: Bei Energiegenossenschaften steht in der Regel nicht die Gewinnmaximierung, sondern die Förderung der regionalen und dezentralen Energiegewinnung im Vordergrund. Daher sind sie im Vergleich zu anderen Direktinvestments meist sicherer.

Interessierte sollten sich dennoch der Risiken einer solchen Geldanlage bewusst sein und insbesondere bei unverhältnismäßig hohen Ertragsversprechen skeptisch werden.

Genau hinzuschauen ist bei grünen Investments Pflicht, doch echte Sicherheit gibt es nicht Foto: pa/dpa/Daniel Reinhardt

Bei Genossenschaften vor Ort kennt man oft die dahinterstehende Motivation, das schafft Vertrauen. Kann man auch bei Anlagen an den internationalen Kapitalmärkten den Anbieter als Indiz dafür sehen, ob die Nachhaltigkeit ernst gemeint ist? Etwa, wenn die Produkte von entsprechenden Bankhäusern kommen?

Geldanlage hat immer mit Vertrauen zu tun. Wer etwa einen Fonds erwirbt, der von einer Bank stammt, die sich grundsätzlich als nachhaltig denkendes Finanzhaus profiliert hat, kann von dieser Bank natürlich auch strengere Kriterien erwarten.

Aber auch das ist wiederum eine Frage der persönlichen Einschätzung: Akzeptiere ich als Anleger zum Beispiel einen Erneuerbare-Energien-Fonds von einem Geldinstitut, das gleichzeitig auch Geschäfte mit der Kohle macht? Oder vertraue ich nur jemandem, der eine klare Linie in Sachen Nachhaltigkeit fährt? Dazu geben wir als Verbraucherzentrale keine Bewertung ab, das muss wiederum jeder selbst abwägen. 🐾

Dieses Gespräch erscheint im taz Thema Grünes Geld, Ausgabe November 2021, Redaktion: Volker Engels. Frühere Ausgaben des taz Themas Grünes Geld können Sie hier nachlesen.

Bernward Janzing arbeitet als freier Journalist zu Energie- und Umweltthemen. In mehreren Büchern hat er verschiedene Facetten der Historie der Stromwirtschaft aufgearbeitet. Sein Buch „Vision für die Tonne. Wie die Atomkraft scheitert“ erschien 2016 (Picea Verlag).