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Verbot immer noch die beste Reklame

■ Jürgen Roth stellte sein Buch „Russen Mafia“ in Hamburg vor

Eine prominente Liberale erwirkt vor der liberalen Pressekammer des Hamburger Landgerichts das Verbot eines Buches, ohne daß Gericht und Anwältin auch nur eine Seite des Werkes gelesen haben. Die Rede ist von Gisela Wild und dem Enthüllungsbuch Die Russen Mafia – Das gefährlichste Verbrechersyndikat der Welt von Jürgen Roth, das der Hamburger Rasch & Röhring Verlag gestern vorstellte. Die Einstweilige Verfügung, die die Verbreitung des Buches verhindern sollte, hatte den Verleger erst nach der Auslieferung am 26. März erreicht.

In den beanstandeten Passagen des Buches geht es um den in Wien lebenden Unternehmer Grigori Loutchansky, Geschäftsführender Direktor der Nordex-Gruppe. In seinem Buch zitiert Roth ein Dossier des Bundesnachrichtendienstes (BND), das Nordex Verbindungen zur Mafia in Rußland nachsagt. Roth gibt allerdings auch Loutchanskys Erwiderungen auf die Anschuldigungen wieder.

Bei der Präsentation des Buches führte Roth gestern weitere Belege für wirtschaftliche Aktivitäten organisierter Krimineller aus den Ländern der GUS in der Bundesrepublik an. So habe ein aus Usbekistan stammender Baumwollhändler gute Beziehungen sowohl zum LKA des Saarland als auch zur usbekischen Mafia.

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Eike Bleibtreu, nutzte die Buchvorstellung, um die Ohnmacht der Polizei gegenüber dem organisierten Verbrechen in lebhaften Farben auszumalen und für eine Verschärfung der Gesetze zu werben, vor allem für den sogenannten „Großen Lauschangriff“. Deutschlannd sei bereits jetzt Fluchtpunkt für kriminelle Organisationen in Europa, sagte Bleibtreu.

Verleger Hans-Helmut Röhring rechnet jetzt mit der Anklage, gegen die Einstweilige Verfügung verstoßen zu haben. Dieses Verfahren kann schließlich zur Aufhebung des Verbot führen. Daran ist Röhring sehr gelegen.

Denn der Verlag rechnet damit, daß die erste Auflage von 6000 Exemplaren bald vergriffen ist und plant bereits eine Neuauflage. Die beste Reklame für ein Buch ist eben immer noch ein Verbot.

Iris Schneider

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