Vasallenstaaten bevorzugt

betr.: „Der Schaden ist nicht gutzumachen“, taz vom 12. 2. 02

Dass Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, wie Iran, Irak, Syrien, Libyen, Sudan und Nordkorea als so genannten terroristischen Staaten bereits durch die US-Regierung Clinton der Status einer Rechtsperson abgesprochen wurde, muss auch deshalb als unverantwortlich betrachtet werden, weil tatsächliche Verstöße gegen völkerrechtliche Normen, die von solchen stigmatisierten Gemeinwesen ausgehen könnten, aus dieser Sicht nicht mehr verurteilungswürdig wären (wer außerhalb des Rechtes steht, dessen Handeln ist nicht den Maximen des Rechtes unterworfen!).

In der Tat ist die Teheraner Theokratie allerdings als einziges Glied in der von US-Präsident Bush diagnostizierten „Achse des Bösen“ in den letzten Jahrzehnten als notorischer Rechtsbrecher hervorgetreten, der nicht einmal vor massiven Eingriffen in die inneren Angelegenheiten anderer Nationen zurückschreckt. Erinnert sei hier an die Unterstützung der schiitischen Terrororganisation Hisbollah und der Mordaufruf der islamischen „Gerichtsbarkeit“ gegen den britischen Staatsangehörigen Salman Rushdie, der auch unter dem angeblichen Reformer Mohammad Chatami niemals zurückgenommen wurde.

DANIEL SCHIKORA, Erfurt

Sind die Äußerungen des amerikanischen Präsidenten über den Iran nur unbedacht – mit großem außenpolitischem Schaden – oder sind sie planvoll und zielgerichtet in die Welt gesetzt worden? Für Letzteres spricht, dass der Iran – trotz innerer Widerstände – sich in einem autonomen Demokratisierungsprozess befindet, der seinesgleichen im arabisch-islamischen Raum sucht. Auf der anderen Seite stehen die USA, die kein Interesse daran haben können, dass sich in dieser Region eine unabhängige und mächtige Demokratie etabliert, die eine eigenständige Interessenspolitik formuliert und betreiben kann. Es könnte ein Vorbild entstehen, dass auch über die Region hinaus im islamischen Raum erheblichen Einfluss gewinnen könnte, als Beispiel für einen Weg Islam und Demokratie unter einen Hut zu bringen. Diese Entwicklung kann von den USA, die abhängige Vasallenstaaten in dieser Region bevorzugt, wohl kaum geduldet werden.

WINFRIED THIESSEN, Marburg