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Archiv-Artikel

VORVERLEGUNG DER STEUERREFORM: DIE WAIGELIANER KEHREN ZURÜCK Zusammenlegung? Nein, danke

Theo Waigel lässt grüßen. Der damalige Bundesfinanzminister von der CSU stellte im Bundeshaushalt 1996 einen deutschen Nachkriegsrekord auf. Er nahm umgerechnet 40,1 Milliarden Euro neue Schulden auf – um Längen mehr als irgendein anderer Finanzminister vor oder nach ihm. Dass es so nicht weitergehen konnte, ist seither unbestritten. Mit ihrer Diskussion über die Zusammenlegung der Steuerreformen 2004 und 2005 im kommenden Januar geben einige Bundespolitiker zu erkennebn, das schlechte Erbe des CSU-Finanzministers doch noch antreten zu wollen.

Das Finanzministerium dementiert zwar fleißig, doch in den Reihen der Koalitionsfraktion propagieren inzwischen mehrere Stimmen die Idee. Es werde ein wirtschaftliches Aufbruchsignal gebraucht, heißt es: Wenn die Leute mehr Geld hätten, würden ihre verstärkten Einkaufsanstrengungen Produktion und Wachstum ankurbeln. Doch diese Überlegungen lassen außer Acht, dass die Einnahmeausfälle durch eine zusammengelegte Steuerreform jede Dimension sprengen – außer der Waigel’schen. Für 2004 muss Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) schon jetzt rund 20 Milliarden Euro beschaffen, um den Haushalt auszugleichen. Käme im gleichen Jahr die Steuereformstufe 2005 dazu, würde das Defizit auf fast 39 Milliarden Euro steigen. Das will niemand, nicht einmal die CDU.

Und nicht einmal ansatzweise ist absehbar, woher derartige Summen kommen sollen. Aus dem drastischen Abbau von Subventionen, wie SPD-Fraktionsvize Joachim Poss jetzt vorschlägt, jedenfalls nicht. Der Staat gewährt zur Zeit pro Jahr Finanzhilfen und Steuervergünstigungen in Höhe von etwa 45 Milliarden Euro. Um die Deckungslücke im Haushalt wesentlich zu reduzieren, müsste man die Subventionen zum erheblichen Teil schlicht abschaffen. Das aber wird im real existierenden Deutschland mit seinen mächtigen Lobbyverbänden und der Unionsmehrheit im Bundesrat nicht zu machen sein. Die große Steuerreform Anfang 2004 anzupeilen ist populistische Traumtänzerei. HANNES KOCH