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Archiv-Artikel

VORMERKEN Doppelt anders

Nurkan Erpulat hat den Elitefleischwolf der Ernst-Busch-Hochschule als erster Türke im Regiefach überlebt. Nach eigener Auskunft ist sein größtes Problem die Festlegung auf Folklore und Außenseiterstoffe, er ist halt „der Andere“. Im pragmatischen Umgang mit dem Ärgernis hat er die Identitätsfrage gleich doppelt aufgegriffen und in Berlin Interviews mit türkischen Homosexuellen geführt und inszeniert. Die beiden stigmatisierenden Merkmale sind dabei sowohl fremd- als auch selbstbestimmt. Sie wandeln sich zu einem Identitätskonstrukt, das Konfliktfelder jenseits ethnisch-kultureller Hintergründe bloßlegt. Erpulat wirft ein neues Licht auf den Diskurs über die Zugehörigkeit zur Mehrheitsgesellschaft und hinterfragt dabei auch das Selbstverständnis von „schwulen Türken“. Deren autonome Selbstbehauptungsräume sind mit herkömmlichen Identitätsmustern kaum fassbar. „Ich bin homosexueller Türke und genieße die Früchte des positiven Rassismus in Deutschland. Nur weil ich schwul bin, habe ich gleich Arbeit gefunden. Menschen stehen vor mir voller Bewunderung nach dem Motto: ‚Oh, der ist hierher gekommen, um sich zu emanzipieren! Lasst uns ihn mit vereinten Kräften befreien.‘ Und ich denke: Na dann, erlöst mich mal!“

„Beyond Belonging: Jenseits – Bist du schwul oder bist du Türke“: 3.–6. Mai, 20 Uhr, HAU 3, Tempelhofer Ufer 10