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Archiv-Artikel

VORLÄUFIGER SIEG FÜR DIE ISRAELISCHEN SIEDLER IM GAZA-STREIFEN Scharon tanzt – mit voller Rückendeckung

Ariel Scharon hat die Abstimmung der Likud-Mitglieder über den geplanten Abzug aus dem Gaza-Streifen verloren. Selber schuld. Über Jahrzehnte hinweg hat er seiner Basis und den Bürgern Israels eingeimpft, dass es im Umgang mit Palästinensern, ja mit Arabern überhaupt, nur die Kategorien Stärke oder Schwäche, Sieg oder Niederlage gebe. Kein Wunder, dass seine eigene Partei jetzt nicht für „Schwäche“ stimmen wollte.

Noch spricht nicht viel dafür, dass ein dauerhafter Bruch zwischen rechtem Likud-Flügel und Scharon bevorstünde. Sicher ist nur, dass seine Position geschwächt ist. Die Abstimmungsniederlage ist ein schlechtes Zeichen. Wenn nicht einmal Scharon die rechten Hardliner für sich gewinnen kann, wer dann? Wenn irgendeine israelische Regierung einen solchen Konflikt aushalten können muss, dann diese. Würde sie daran zerbrechen, könnte überhaupt niemand mehr die Siedler zurückholen.

Die Umstände lassen dennoch hoffen. Denn im Vergleich zur ganzen israelischen Gesellschaft bildet die siegreiche Fraktion des Likud eine radikale Minderheit. Die Mehrheit der Israelis befürwortet den Abzug aus Gaza. Dabei braucht niemand so zu tun, als ob es sich beim Abzug aus Gaza wirklich um einen großen Schritt Richtung Frieden oder gar Gerechtigkeit handeln würde, denn als Ausgleich wird ein gut Teil der Westbank de facto annektiert. Die US-Regierung, die sich in den letzten Jahren auf Gedeih und Verderb an Scharon gekettet hat, erlebt jetzt, was eine solch unsinnige Bindung kosten kann.

Die Frage, ob Scharon der Bush-Regierung auf der Nase herumtanzt oder ob er wirklich für alle seine Aktionen volle Rückendeckung aus Washington genießt, hatte sich erübrigt. Beides ist richtig: Scharon tanzt, und zwar mit voller Rückendeckung. Bush wird weiter zu Scharon halten, und sollte dessen Regierung über die Gaza-Frage jetzt in eine Krise geraten, kriselt die US-Politik gleich mit. Weitsichtig ist das nicht. Bush hat in nur einer Amtszeit im Nahen und Mittleren Osten jedes Vertrauen verspielt. Das wiederzugewinnen dauert länger. Auch für eine neue Regierung im Weißen Haus. BERND PICKERT