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Archiv-Artikel

VORERST WIRD ES KEINEN US-TRUPPENAUFMARSCH IN DER TÜRKEI GEBEN Befreiungsschlag in Ankara

Unglaublich, aber wahr: Das türkische Parlament hat den USA eine Abfuhr erteilt. Natürlich bleibt ungewiss, wie lange sich Ankara so wacker wird halten können. Vorerst zumindest wird es nicht zu einer erneuten Abstimmung kommen, weil ein zweites „Nein“ das Aus für die derzeitige Regierung bedeuten würde. Das will niemand. Und daher wird es zumindest bis auf weiteres keinen US-Truppenaufmarsch auf türkischem Gebiet geben.

Das Abstimmungsergebnis ist Folge intensiver Verhandlungen zwischen dem Chef der islamistischen Regierungspartei AKP, Tayyip Erdogan, und dem kemalistischen Militär der Türkei. So konnten Regierung und Generäle ihre Strategien genau aufeinander abstimmen. Mit Erfolg, wie sich zeigte. Jetzt ist der Ball wieder bei den Amerikanern. Wird ihr Zorn die Türkei an ihrer empfindlichsten Stelle treffen – der Wirtschaft? Und was wird aus den über 1.000 US-Militärfahrzeugen und Panzern sowie den über 20.000 GIs, die bereits im Land sind und nur auf das „Ja“ aus Ankara warteten, um sich gen Irak in Bewegung zu setzen? Werden die Amerikaner zumindest ihren Stützpunkt Incirlik für Angriffsflüge auf den Irak nutzen – eine Erlaubnis, für die es keines Parlamentsbeschlusses bedarf? Wie sieht der B-Plan Washingtons aus?

Noch gibt es keine Antwort auf diese Fragen. Sicher ist nur, dass die USA auch ohne die Türkei eine Art Nordfront gegen den Irak eröffnen können – nur wird dies viel teurer und sehr viel umständlicher. Die Türkei ihrerseits wird mit den Kosten dieses Krieges in der Region allein zurechtkommen müssen – zumal das Land von der EU auch in dieser Frage nichts zu erwarten hat.

Für eine Entsendung türkischer Soldaten in den Nordirak braucht Ankara derweil keinen neuen Parlamentsbeschluss – eine ganze Reihe alter Beschlüsse deckt einen solchen Schritt ab. Zudem ist die Türkei schon jetzt militärisch im Nordirak präsent. Aber große Aktionen jenseits der Grenze wird es dank der historische Entscheidung des Parlaments nicht geben – und damit auch keine türkisch-kurdischen Clashs. Plötzlich sieht alles so täuschend nach Frieden aus. DILEK ZAPTÇIOGLU