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Archiv-Artikel

VON DER LEYEN PROPAGIERT EINEN „KONSERVATIVEN FEMINISMUS“. WOZU? Konvergenz der Ideologeme

Ob sie etwa für einen „konservativen Feminismus“ einträte, fragte ein Journalist die Familienministerin. Das sei ein „spannender Begriff“, griff Ursula von der Leyen die Vorlage auf. Seitdem ist die Debatte um ein neues Schlagwort reicher.

Für von der Leyen ist das F-Wort ebenso Wagnis wie Chance. Einerseits warten ihre Kritiker nur darauf, ihr ein solches Etikett anzuhaften, ihnen gilt sie ja schon als „zu links für die Union“. Es ist aber auch eine Chance, weil das Label „Feministin“ derzeit wieder an Akzeptanz gewinnt. Mit dem Begriff „konservativer Feminismus“ könnte von der Leyen vielen Karrierefrauen eine weltanschauliche Heimat bieten – wenn sie ihn überzeugend füllt.

Doch zunächst einmal muss sie erst den Beweis erbringen, dass Feminismus konservativ sein kann. Üblicherweise wollen Feministinnen schließlich nicht Bestehendes konservieren, sondern die Gesellschaft verändern. Von der Leyen versucht das Paradoxon aufzulösen, indem sie behauptet, sie wolle „alte Werte“ wie Familie bewahren – aber dies auf „neuen Wegen“ erreichen.

Damit kommt von der Leyens Programmatik dem verblüffend nahe, was derzeit als „neuer Feminismus“ diskutiert wird. Ähnlich wie von der Leyen richtet der „neue Feminismus“ seinen Fokus vor allem auf die Mütter unter den Frauen und auf die Frage der Vereinbarkeit von Kind und Karriere; andere frauenpolitische Aspekte streift er allenfalls am Rande. Wie von der Leyen fordert auch er, die Männer stärker einzubeziehen. Der Mann – genauer: der Partner – ist nach dieser Auffassung prinzipiell gutwillig, lernbereit und familienaffin. Nur mangele es ihm leider noch an Leitbildern, sein Männerdasein zeitgemäß zu gestalten.

„Neuer“ und „konservativer“ Feminismus bilden also nicht zwei unterschiedliche Pole eines neuen Frauenaufbruchs: Sie sind teilweise deckungsgleich. Das zeigt, dass das Thema „Geschlechtergerechtigkeit“ inzwischen in allen politischen Lagern angekommen ist. Es zeigt aber auch, wie wenig sich noch hinter den schönen neuen Schlagworten verbirgt – und wie viel dabei auf der Strecke bleibt. COSIMA SCHMITT