VOLKSKONGRESS IN PEKING MACHT SICH AUF DEN WEG ZUR ÖKO-DIKTATUR : Chinas ehrgeizige Ziele
Nach Ende des Kalten Krieges erlahmte die Systemdiskussion. Nicht nur der Sozialismus, auch die konfuzianisch geprägte japanische Konsensdemokratie war in der Krise, die westliche Demokratie erschien ihnen gegenüber als klarer Sieger. Der Klimawandel aber belebt die Systemkonkurrenz neu, und diesmal tritt China als Herausforderer des Westens an. Das Land will seine Energieeffizienz binnen vier Jahren um 20 Prozent erhöhen, es will in kurzer Zeit zehn Prozent seines Energiebedarfs mit erneuerbaren Energien abdecken und einen bedeutenden Teil seiner klimaschädlichen Stahl- und Eisenindustrie schließen. Das sind ehrgeizigere Ziele, als sie viele im Westen haben.
Man fühlt sich an das Japan der 60er-Jahre erinnert, als Tokio und Osaka zu den dreckigsten Städten der Welt gehörten und die Bürger dieser Städte im Alltag Staubmasken trugen. Doch nur zwanzig Jahre später hatte ein autoritärer, konfuzianischer Beamtenapparat aus Japan die energieeffizienteste Volkswirtschaft der Welt geformt. Wie nachhaltig der japanische Erfolg war, zeigt sich bis heute in der Autoindustrie, die von Toyota mit seinen relativ umweltfreundlichen Modellen dominiert wird.
Kann China in den nächsten Jahren Ähnliches gelingen? Es gab auf dem diesjährigen Volkskongress in Peking viele Anzeichen, dass es der KP-Staat heute ernst meint mit der Öko-Diktatur. Überall leuchten die Warnzeichen: Chinas Naturkatastrophen nehmen zu, Millionen in den Städten fehlt es an sauberem Trinkwasser, immer öfter protestieren Bauern wegen ihrer klimainduzierten Ernteverluste. Also hat sich die KP in Peking vorgenommen, die Öko-Sünder zu bestrafen. Sie will hart gegen ihre parteieigenen Provinzregierungen und deren lokale Wachstumskartelle vorgehen. Zugleich fördert der Staat die erneuerbaren Energien und investiert in Forschung. Schon bald könnten die Emissionsvorschriften für neue Autos in China strenger sein als in Europa.
Das alles verspricht einen gesunden Systemwettbewerb. Es hilft allen, wenn die KP in China glaubt, den Westen leichter ökologisch als militärisch schlagen zu können. GEORG BLUME