VIELE HABEN EIN INTERESSE AN NIEDRIGER BEWERTUNG DER POSTBANK : Auch Stolperfallen können nützen
Die Postbank geht nicht an die Börse – sie stolpert in Richtung Parkett. Der Erste, der ihr ein Bein stellte, war Kanzler Schröder. Der kam plötzlich auf die Idee, dass eine komplette Übernahme durch die Deutsche Bank für Deutschland die bessere Wahl sei. Aber Schröders Anruf kam zu spät; die Deutsche Bank hatte schon den Job übernommen, den Börsengang der Postbank zu managen. Dennoch ließ ihre zeitweilige Doppelrolle daran zweifeln, dass interne Firmendaten im Frankfurter Doppelturm gut aufgehoben sind. Dass jetzt ein weiteres internes Papier an die Öffentlichkeit gelangte, in dem die Deutschen Banker der Postbank einen niedrigeren Wert zusprechen als die Post selbst, führt zu weiterem Vertrauensverlust – und evtl. zu mehreren hundert Millionen Euro weniger Einnahmen aus dem Börsengang für den Postkonzern. Das trifft auch die Steuerzahler, denn noch immer gehört das Unternehmen mehrheitlich dem Staat.
Zwar herrscht jetzt allgemeines Kopfschütteln über die Kollateralschäden auf den Aktienmärkten. Doch die Frage ist: Wer profitiert davon? Schließlich werden vertrauliche Unterlagen nicht ohne Absicht an die Öffentlichkeit gebracht. Zum einen können Großinvestoren nun hoffen, die Postbank-Aktien billiger erwerben zu können als ursprünglich vorgesehen. Für die Deutsche Bank könnte sich das Kommunikationsdesaster ebenfalls rechnen. Denn angeblich waren die von Schröder eingefädelten Übernahmegespräche an zu hohen Preisvorstellungen der Post gescheitert. Da würde es für einen zweiten Anlauf gut passen, wenn das Unternehmen allgemein niedriger bewertet wird. Denn klar ist: Kein Anleger bietet künftig mehr als die von den Investmentbankern errechneten maximal 32 Euro pro Aktie.
Letztendlich könnte aber auch die Post etwas von dem ganzen Wirbel haben. Denn das Klima an den Aktienmärkten ist wieder rauer geworden; erst diese Woche wurde der Börsengang von Auto-Teile-Unger mangels Nachfrage abgesagt. Die Postbank könnte sich eine Verschiebung aus Imagegründen wohl kaum leisten – es sei denn, die Deutsche Bank liefert einen guten Grund. STEPHAN KOSCH