VERFASSUNGSKRISE VORBEI – DEMOKRATISCHE PARTEI AUSGESCHALTET : Milošević wird rehabilitiert
Das Machtspiel in Serbien ist vorerst einmal beendet, die Richtung wird klar, in die Vojislav Koštunica gehen will. Mit den Stimmen der Sozialistischen Partei des Slobodan Milošević – dem Spitzenkandidaten der Partei bei den letzten Wahlen – soll nun eine Mehrheit im Parlament gezimmert werden. Gestern stimmten die Sozialisten für einen Parteifreund Koštunicas als Parlamentspräsidenten und halfen, die Verfassungskrise Serbiens zu beenden. Dragan Marsicanin kann nun in dieser Funktion seinen Chef Koštunica auffordern, eine Regierung zu bilden.
Koštunica hat sich also gegen die Demokratische Partei durchgesetzt und die Sozialisten zur „staatstragenden Kraft“ erhoben. Damit hat er posthum auch gegen den ermordeten Zoran Djindjić gewonnen. Zwar waren die Demokraten schon zu Zeiten Djindjić’ nicht gerade zimperlich, wenn es darum ging, die Verfassung zu beugen, um ihre Machtpositionen auszubauen. Doch vertraten sie damals wenigstens glaubwürdig das Ziel, die serbische Gesellschaft zu modernisieren und sie irgendwann nach Europa zu führen. Djindjić’ Erben haben mit ihrer Schaukelpolitik und der Korruption dieses Erbe leider verspielt. Und mit unrealistischen Machtansprüchen dem konservativ-nationalistischen Koštunica die Möglichkeit gegeben, sie aus der Koalition der „demokratischen Kräfte“ zu kippen.
Nun hat Koštunica die Sozialisten am Hals, auch wenn sie nur seine künftige Regierung tolerieren werden – nicht gerade zur Freude der internationalen Institutionen, der EU und den USA. Kreditwürdiger wird er nämlich damit nicht. Innenpolitisch jedoch kann er die Gewichte weiter nach rechts verschieben. Die Wirtschaftsreformer G-17 können ohne die Unterstützung der Demokratischen Partei in der Koalition weniger durchsetzen als mit ihr. Die zwischen nationalistischer Rhetorik und Reformeifer schwankenden Monarchisten unter Vuk Drasković sind dabei sicherlich keine große Hilfe. Gewinner aber sind die Sozialisten – mit Koštunicas Hilfe werden sie peu à peu rehabilitiert. Genau wie Milošević selbst. ERICH RATHFELDER