Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: BND darf weiter DE-CIX überwachen
Der Betreiber des Frankfurter Internetknotenpunktes klagt erfolglos gegen den BND. Er gibt aber nicht auf – und kündigt bereits neue Klagen an.
Bei der strategischen Überwachung wird ein Teil der Telekommunikation (Telefonate, Emails, SMS, Messenger) zwischen Deutschland und dem Ausland mit bestimmten Selektoren (meist Email-Adressen oder SMS-Nummern) gefiltert. Dabei sollen Erkenntnisse über Terrorismus, Waffenhandel und Cyberkriminalität gewonnen werden.
Der Knotenbetreiber klagte gegen den von der Bundesregierung angeordneten Zugriff des BND unter anderem, weil es nicht sicher möglich sei, innerdeutsche Kommunikation auszunehmen. Doch das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass DE-CIX sich nur auf die Berufsfreiheit berufen kann, nicht auf die Fernmeldefreiheit.
DE-CIX konnte sich also nur abstrakt gegen die In-Dienstnahme wenden, aber nicht gegen den Inhalt der Überwachungsanordnung. Falls die Überwachungsanordnung rechtswidrig sei, so die Richter, wäre das kein Problem von DE-CIX. Hierfür hafte schließlich der BND und die Bundesregierung.
Hunderttausende Fehler pro Tag
DE-CIX wird nun einerseits Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einreichen. „Können wir wirklich gezwungen werden, einen rechtswidrigen Verwaltungsakt umzusetzen?“, so formulierte DE-CIX Aufsichtsrat Klaus Landefeld das Problem.
Außerdem werde DE-CIX eine neue Klage zum Bundesverwaltunsgericht vorbereiten. „Dann berufen wir uns auf die Telefongespräche, die unsere Mitarbeiter in Deutschland führen und die rechtswidrig auch von der strategischen Überwachung erfasst werden“, so Landefeld. DE-CIX klage dann als normaler Kommunikationsteilnehmer und könne sich dann natürlich auch auf die Fernmeldefreiheit berufen.
Es ist zwar eindeutig, dass der BND keine innerdeutsche Kommunikation überwachen darf, aber die Filter, die auf Endungen wie .de oder deutsche Spracheinstellungen reagieren, funktionieren nicht perfekt. „Bei 500 Milliarden Verbindungen pro Tag kommt man schnell auf Hundertausende von falsch erhobenen Verbindungen jeden Tag“, erläutert Landefeld.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kommt nicht überraschend. Die Leipziger Richter sind berüchtigt dafür, in Geheimdienstfragen die Rechtschutz-Möglichkeiten möglichst eng auszulegen.
Vermutlich wird sich erst das Bundesverfassungsgericht inhaltlich mit den Bedenken auseinandersetzen. Dort sind bereits andere Klagen gegen die Inlands-Auslands-Überwachung und gegen die jüngst legalisierte Auslands-Ausland-Überwachung des BND anhängig. Allerdings wird es wohl noch einige Jahre dauern, bis die Karlsruher Richter sich mit diesem Komplex befassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Syrische Geflüchtete in Deutschland
Asylrecht und Ordnungsrufe
Schwarz-Grün als Option nach der Wahl
Söder, sei still!
Greenpeace-Vorschlag
Milliardärssteuer für den Klimaschutz
Doku über deutsche Entertainer-Ikone
Das deutsche Trauma weggelacht
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken