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Ursula von der Leyens FrauenpolitikDie Quotenqueen

Auf dem Quotengipfel knickte sie noch ein. Doch jetzt verfolgt sie wieder offen ihr Ziel, bald 30 Prozent Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen zu sehen.

Quotenqueen Ursula von der Leyen und ihre zaghafte Kollegin Schröder zu Beginn des Spitzengesprächs "Stufenplan Frauen in Führung". Bild: dpa

BERLIN taz | Sie muss sich fühlen wie ein Popstar. Der Applaus ist tosend nach fast jedem Satz, den sie sagt. Sie breitet die Arme aus wie Jesus am Kreuz und schraubt sich nach oben. Dabei hält Ursula von der Leyen (CDU) einfach nur eine Rede.

Es ist Montagabend in Berlin, im Atrium der Berliner Bank tagt die Initiative Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR). Die Arbeitsministerin spricht von Quoten, im Bundestag, in Norwegen und in der Europäischen Union. Und davon, dass es für Deutschland "höchst blamabel" sei, dass es hier weniger Frauen in Führungspositionen gebe als in Brasilien, China und Indien. Sie hingegen wolle, dass bis 2018 ungefähr ein Drittel Frauen auf solchen Stellen sitzen. Am Ende der von der Leyen-Performance klatschen die Damen und die paar Herren im Publikum so lange, dass die Politikerin noch einmal von ihrem Stuhl in der ersten Reihe aufsteht und triumphierend in den Saal nickt.

Was ist hier eigentlich los? Noch keine Woche ist es her, da gab sich Ursula von der Leyen mitnichten so kämpferisch. Da ist sie eingeknickt. Am 30. März auf dem Quotengipfel, auf dem sich die 30 deutschen Dax-Unternehmen, drei Ministerinnen und ein Minister auf die "Flexi-Quote" einigten.

Kristina Schröders "Flexi-Quote" setzt auf Freiwilligkeit

Die ist eine Idee von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) und eine freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft: Bis 2013 sollen börsennotierte Unternehmen ihren Frauenanteil an der Spitze selbstständig erhöhen. Falls das nicht gelingt, droht ein Gesetz. Das ist ein Angebot an die Wirtschaft: Ihr schafft das schon allein. Die Wirtschaft und die FDP sind gegen starre Vorgaben.

Ursula von der Leyen hat diesen Kompromiss mitgetragen. Sie kritisierte zwar, dass der Vorstoß "keine Zahlen, keine Zeitleiste, keine Ziele" enthalte. Aber so vehement wie in den Wochen zuvor, als sie eine 30-Prozent-Quote für Aufsichtsräte und Vorstände gefordert hatte, war sie nicht aufgetreten am 30. März. Denn Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sie zurück ins Glied verwiesen. Und jetzt in der Deutschen Bank bei FidAR sagt von der Leyen: "Nicht die Frauen brauchen die Quote. Das Land braucht die Quote."

Für FidAR ist von der Leyen so etwas wie eine Heilsbringerin

In FidAR-Kreisen scheint die Arbeitsministerin so etwas wie eine Quotenheilsbringerin zu sein. In der Regierung ist die CDU-Frau die einzige radikale Quotenverfechterin. Und 2013 wird ein neuer Bundestag gewählt. "Die Parteien werden uns dann in Sorge um ihre Wähler und Wählerinnen sicher keine Quote vor die Nase setzen", fürchtet FidAR-Präsidentin Monika Schulz-Strelow.

"Wir brauchen 2011 ein Gesetz", fordert Eva-Maria Welskop-Deffaa, Leiterin des Referats Gleichstellung im Frauenministerium: "Was da im Detail drin stehen soll, muss noch beraten werden."

"Wenn sich das nicht bald ändert, wandere ich aus"

Birgit Grundmann, Staatssekretärin im Justizministerium, wiegelt ab: "Zum jetzigen Zeitpunkt hilft die Quote nicht weiter." Sie setze auf einen Kultur- und Bewusstseinswandel in den Unternehmen. "Der hat ja schon eingesetzt durch das mediale Echo." Eine junge Frau ist fassungslos: "Wenn sich das nicht bald ändert, wandere ich aus."

Selbst Arno Mahlert, Aufsichtsratsvorsitzender des Marktforschungsunternehmens GfK und damit Chef des deutschen Dax-Unternehmens mit den meisten Frauen an der Spitze (40 Prozent), ist kein Freund staatlicher Regeln. Er sagt: "Wenn jetzt Quoten festgelegt werden, wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet."

Wie hat die GfK so viele Frauen an die Spitze gebracht? Mahlert: "Wir haben nie nach der Quote geschaut, sondern immer nach der bestmöglichen Besetzung." Immer dort, wo Frauen an erster Stelle waren, habe man zugegriffen. Mit Frauen, sagt Mahlert, erzielten Unternehmen bessere Ergebnisse, Frauen seien die besseren Kommunikatoren und durch Frauen würden Männer fleißiger. "Ich würde es immer wieder so machen", sagt Mahlert.

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6 Kommentare

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  • F
    Frank

    Gleichberechtigung...

    Nun ja, Frauen sind Bundeskanzler, Familienminister, sitzen im Bundestag, dürfen zur Bundeswehr, besitzen Firmen, sitzen auch bei Aldi an der Kasse, sind Professor oder Doktor usw. usw.

    In der gesellschaftlichen Praxis sind Frauen gleichberechtigt.

    Alles in Ordnung? Nein! ProfessorIN, DoktorIN muss es natürlich heißen. Warum eigentlich?

    Der ausgeübte Beruf ist seinem Inhalt nach geschlechtsneutral. Praktisch ist es, und kann es einem egal sein, ob eine Frau oder oder ein Mann das Brot über den Scanner an der Kasse zieht. Weder Blinddarm noch Patient merken ob Herr oder Frau Doktor die Operation durchgeführt haben.

     

    Übrig bleiben allein, und das hat seine Ursache nicht im Geschlecht eines Menschen, gesellschaftlich gewollte Zwangsverhältnisse.

    Ein Beispiel: Das Personalbüro.

    Die ökonomische Abhängigkeit, die Angewiesenheit auf einen Lohn, hat ihre Ursache im Eigentum an Produktionsmitteln.

    Produktionsmittel sind, bitte denken Sie darüber nach, die VORAUSSETZUNG der Reproduktion! Dort in diesen Fabriken, wird alles hergestellt, von Männern und Frauen, was ein -Mensch- als -Voraussetzung- zum Leben braucht. Das Ergebnis der Produktion, die Gegenstände des täglichen Bedarfes, gehören aber nach getaner "Arbeit" wieder nicht den Produzenten dieses gesellschaftlichen Reichtums.

    Deshalb, weil die Brotfabrik einen Besitzer hat, egal ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt, treffen sich Mann und Frau, weil beide mittellos sind, auch im Personalbüro.

    Gleichberechtigt wollen Frauen sein! Und der Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Nur, aufgrund der gesellschaftlich ökonomisch organisierten Zwangsverhältnisse werden -jetzt- aus Männern und Frauen Konkurrenten um einen "Arbeitsplatz". Die -Erlaubnis- die Dinge des täglichen Bedarfes zu produzieren, steht unter dem Vorbehalt des Besitzers, daß der Einkauf von Arbeitskraft sich für -ihn- lohnt! Der Besitzer entscheidet nach seinen Kriterien ob und wen er einstellen wird. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Millionen ohne Einkommen und eine Lohnhöhe die ebenfalls für millionen Männer und Frauen nicht ausreicht die Rechnungen und/oder Preise zu bezahlen, welche die Besitzer als Preis für die von den Männer und Frauen selbst

    produzierten Waren und Dienstleistungen verlangen.

     

    -Ohne- dieses gesellschaftliche Zwangsverhältnis würde man sich doch einfach die Arbeit und deren Produkte teilen!

     

    Wie siehts in der Politik aus?

    Was ist denn nun das "Weibliche" an 5 Euro mehr für die millionen, einkommenslosen Männer und Frauen?

    Was ist denn der Vorteil an Frauen in der Bundeswehr, als Abteilungsleiter oder Chef?

    Tod ist tot, schneller meine Damen und Herren und wir wünschen Ihnen alles Gute auf Ihrem weiteren Lebensweg?

    Das hat Frauen gerade noch gefehlt, daß sie jetzt auch mal am Drücker sind?

    Es ist ein Fehler, die Ursache der bestehenden Schäden und materiellen Notlagen -auch- der Frauen in der fehlenden gesellschaftlichen Beteiligung zu suchen und zu finden. Die Ursache ist die gesellschaftliche Organisation, die Ausübung einer Konkurrenz um diese vorgegebenen Rollen, selbst!

    Deswegen ist "Gleichberechtigung" übrigends auch eine willkommene Forderung. Wo bitte fehlt denn noch eine "Frauenbeauftragte" oder verweigern sich Wirtschaft und/oder Politik -DIESEM- Anliegen? Die "Quote", eigentlich eine sehr naheliegende Lösung des Problems, gerät doch nur wegen der Außerkraftsetzung der betrieblichen Kalkulationen in die Kritik. Nicht umsonst nehmen auch Frauen den Standpunkt ein, sich nichts schenken lassen zu wollen, in der gesellschaftlichen -Konkurrenz-, und wollen die besseren Männer sein!

     

    Der Grund der Benachteiligung von Frauen hat in dieser Gesellschaft seinen Grund in der Bewirtschaftung von Arbeitskraft:

    Frauen haben in der Marktwirtschaft tatsächlich einen "Mangel"; Von den Eigentümern der Fabriken betriebswirtschaftlich berechnet; Frauen können schwanger werden.

    Das führt zu Arbeitsausfall und Kinderbetreuungszeiten. Aber auch hier gilt Gleichberechtigung! Männer können eben nicht schwanger werden.

    Deswegen führt -die gleiche- betriebswirtschaftliche Kalkulation, in diesem Fall, zu unterschiedlichen Bewertungen, Tarifen, in allen Wirtschaftszweigen.

    Privat, in der Familie sorgen die Konsequenzen dieser betrieblichen Kalkulation doch bei Männern UND Frauen für Probleme und Protest.

     

    Ich finde es besser, anstatt auf eine Geschlechtsanzeige im Sprachgebrauch zu bestehen und Gleichheit zu fordern, sich mit den ebenfalls lohnabhängigen Männern abzusprechen und die gesellschaftlich vorliegenden Zwangsverhältnisse die für Männer wie Frauen wirksam sind, abzuschaffen.

    Das geht ganz einfach. Wir fordern ab jetzt gemeinsam, -keine- Gleichbehandlung in der Beteiligung, sondern bestehen auf -alles- was wir gemeinsam produzieren und organisieren und teilen die Arbeit so, wie wir es haben wollen.

    Die Quote läßt im Gegensatz dazu, das alles beim Alten und ändert das zahlenmäßige Verhältnis und die Verteilung auf die Positionen der Geschlechter in der Konkurrenz.

    Wie schon gesagt, Tod ist tot auch wenn eine Frau den Verteidigungsminister stellt, schneller bleibt schneller auch wenn eine Frau Abteilungsleiter wird, und einkommenslos bleibt einkommenslos auch wenn eine Frau die Kündigung unterschreibt. Das gilt für Frauen und Männer gleichermaßen.

    Gleichberechtigung ist der Anspruch und Versuch die gesellschaftlich gewollte, ökonomisch organisierte Konkurrenz der Geschlechter zu gestalten.

     

    Dann aber gelten die Gesetze der ökonomisch organisierten Konkurrenz um ein Einkommen und nicht die Interessen und Bedürfnisse von Frauen und Männern!

  • JA
    J. Alexander

    Die CDU höchtselbst hat in Baden-Württemberg einen Frauenanteil von sage und schreibe 12 % der Abgeordneten (CDU-Landtagsmandate vom 27. März 2011; vgl. offizielle Parlamentshomepage).

     

    Vielleicht sollte die CDU also auch mal ihren "eigenen Laden" ins Blickfeld nehmen! Das hätte schon Vorbildwirkung. Und: Diese Kandidatenaufstellung in BaWü zeigt es ja mal wieder ganz aktuell und überdeutlich: Ohne eine Quote wird sich NICHTS ändern.

  • JA
    Jan Alexander

    Die CDU höchtselbst hat in Baden-Württemberg einen Frauenanteil von sage und schreibe 12 % der Abgeordneten (CDU-Landtagsmandate vom 27. März 2011; vgl. offizielle Parlamentshomepage).

     

    Vielleicht sollte die CDU also auch mal ihren "eigenen Laden" ins Blickfeld nehmen! Das hätte schon Vorbildwirkung. Und: Diese Kandidatenaufstellung in BaWü zeigt es ja mal wieder ganz aktuell und überdeutlich: Ohne eine Quote wird sich NICHTS ändern.

  • B
    Bruno

    Auswandern? Ja, bitte! Bitte wandern Sie aus! Menschen die per Quote an die Fleischtöpfe kommen möchten, sind so ungefähr das letzte was unsere Gesellschaft gebrauchen kann.

  • DB
    Dietmar Brach

    Sorry, diese Frau v.d. Leyen ist nach Esther Vilar das schlimmste was der Frauenbewegung passieren kann. Ausgestattet mit dem Charme einer Gefriertruhe konterkariert sie die Vorzüge die Frauen im Berufsleben gegenüber Männer haben. Normalerweise sind Frauen weniger verbittert, haben einen Blick für das Ganze und gehen Probleme mit einem Blick für den langfristigen Erfolg an. Frau v.d.Leyen tut dies nicht. Nur die eigene Meinung akzeptierend möchte sie mit einer Frauenquote einen kurzfristigen Erfolg einfahren. Wo ist Frau v.d. Leyen wenn es um die Situation alleinerziehender Frauen geht? Wo war und bleibt ihr Engagement für Frauen die im Leistungsbezug von Hartz IV stehen und denen das Erziehungsgeld gestrichen wurde? Im Gegenteil: Frau v.d.Leyen hat vielen alleinerziehenden Müttern mit ihren eine finanziell notwendige Ausstattung ersetzenden "Bildungsgutscheinen" für Kinder, die Erziehungskompetenz abgesprochen und an den Staat übertragen. So etwas hat sich keiner ihrer männlichen Vorgänger bisher getraut.

  • G
    Gerechtigkeit

    Ein Paradebeispiel von vielen für die deutsche Arbeitsmarktpolitik : Ursula von der Leyens Frauenpolitik mit dem Ziel, bald 30 Prozent Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen zu sehen.

     

    Anstatt Gesetze zu erlassen, die jedes Unternehmen verpflichten, Frauen den Lohn, den Männer für gleiche/vergleichbare Arbeit erhalten zukommen zu lassen, wird medienwirksam über Frauenquoten in Aufsichtsräten und Vorständen verhandelt. Von dieser Quote profitieren die wenigsten Frauen und zugleich jene, die sich um ihre materielle Existenz eh keine Sorgen mehr machen müssen. Die Mehrheit der Frauen geht leider wieder leer aus. Leisten dasselbe wie ihre männlichen Kollegen und bekommen im Durchschnitt 20% weniger Lohn in Deutschland. Dieser Misstand erstreckt sich auf alle "Arbeitsebenen". Aber an diesem Misstand etwas zu ändern, hiesse, dass Frau Leyen mal etwas Elementares, dass nicht nur den Eliten, sondern millionen Bürgern zugute käme, bewirken müsste. Das würde die Unternehmen jedoch Geld kosten und sie müsste sich gegen die Wirtschaftslobbyisten wenden.

    Die Lobbyisten und Frau Leyen sitzen jedoch leider in einem Boot. Daher viel Lärm um "nichts". Wenn überhaupt sollte die "Frauenquote" als Ergänzung zur Anpassung der Löhne eingeführt werden