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■ Urdrüs wahre KolumneVorsicht: Friedens-Stearin!

URDÜS WAHRE KOLUMNE

Vorsicht: Friedens-Stearin!

In der Böttcherstraße und noch dazu im Reederei-Salon des Fleetrestaurants stellt der SPD-Unterbezirksverband West heute seine Ausarbeitung zur Änderung der Bremischen Landesverfassung vor. Aus zuverlässigen Quellen war zu erfahren, daß diese „Landesverfassung für uns, unsere Kinder und Enkel“ keineswegs die Einführung der Monarchie und die Inthronisation von König Dieter vorsieht. Der Entwurf ist damit jetzt schon Makulatur und wird gleich mit grünem Punkt ausgeliefert.

Vergessen wir die sozialdemokratischen Neuerer und wenden uns dem SPD-Arbeitnehmer-Präses Wolfgang Will zu, der als Büro- und Faxadresse offenherzig die Verwaltung der Bremer Straßenbahn-AG benennt. Sozialdemokratisches Urgestein also, das da folgendermaßen poltert: „Jede öffentliche Debatte über einzelne Mitglieder des Senats behindert notwendige Maßnahmen zum Erhalt der Arbeitsplätze und zur Sanierung Bremens!“ This game they call democracy.

TeilnehmerInnen an der Lichterkette am Weserufer werden gebeten, nur nicht-tropfende Kerzen zu verwenden, da bei anhaltender Hausse für Friedens-Sterarin auf längere Sicht mit einer Versiegelung der Uferböschung zu rechnen ist. Im Sinne harmonischer Aromatisierung der Innenstadt wäre überdies der Gebrauch von echtem Bienenwachs zu empfehlen. Ab Mittwoch im Handel das Original-Lichterkettenvideo: Von jeder verkauften Kassette werden 5 Mark abgeführt an die Stiftung Rüstungskonversion. Daimler Benz und der Vulkan sind auch dabei...

Die Wir-im-Viertel-Bürgerwehr des Stefan Schafheitlin hat inzwischen festgestellt, daß auf den Straßenzügen rund um den Ziegenmarkt wieder „bekannte Nummernschilder aus dem Umland mit Stammkundschaft der Drogenprostituierten auftauchen.“ Ahja. Da sitzen die Spanner also irgendwo am Fenster und hauen Kennzeichen serienweise in den Fahndungs-PC. Und die Aufklärungsabteilung der aufrechten Bürger meldet per Walkie-Talkie von den Stellplätzen, ob und wielange sich der ruhende Verkehr vollzieht. Dann könntense doch hinterher gleich die Gummis einsammeln, aber ob der Brutpflegeinstinkt soweit reicht? Jedenfalls: Seit der Freiersuchverkehr abnahm, stieg der Parkplatzsuchverkehr der Anwohner an. Heilig' s Blechle, kratzt mal dran!

Einen Volltreffer landete die Sozialbehörde jetzt gegen das wilde Camper-Pack von der Fohlenweide in Overniggeland. Gerichtlich wurde jetzt bestätigt, daß Wohncontainer für Drogenkranke dort rechtens seien — und damit wird das Treiben der Demonstranten im Nerzschlafsack zunehmend zum kriminellen Ärgernis. Bullizei, bitte räumen Sie. Und nicht zu zimperlich!

Vorm Glühweinstand in einer innerstädtischen Galleria. „War das nicht der Henning Scherf?“ „Nein, das war der Rudi von den Blaukreuzlern.“ — „Ich glaub doch, das war der Scherf. Aber die sind sich auch zu ähnlich.“ So wird' s wohl sein!

Allen LeserInnen dieser Spalten ein lebkuchenherziges Weihnachtsfest und formvollendeten Absturz ins Neue Jahr. Wer immer sich gekränkt, erniedrigt und beleidigt sah — Kopf hoch, ich brauche Leute wie Dich und Dich, um mich wohlzufühlen.

Ulrich Reineking-Drügemöller

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