piwik no script img

■ Urdrüs wahre KolumneDumm, faul, reiselustig

URDRÜS WAHRE KOLUMNE

Dumm, faul, reiselustig

In der gynäkologischen Publikumszeitschrift WOCHENEND wird in dieser Woche in der Serie „Deutschlands schönste Mädchen“ einer jungen Dame aus Bremen gehuldigt. Britt Lenschow heißt sie und hat auch eine Botschaft für uns: „Es muß endlich Schluß sein damit, daß wir Menschen die Erde systematisch kaputtmachen.“ Dazu fünf Bilder in bunt von den sekundären Geschlechtsmerkmalen und der Spruch „Nach Schönheit darf niemand beurteilt werden. Jeder kann etwa durch einen Unfall entstellt werden.“ Wieder ein Erfolg der Bremen-Werbung oder war's die Pressestelle des Senats?

Drei Wochen vorm Internationalen Frauentag 93 lässt uns ein Aushang im Waschsalon Lindenhofstraße wissen: „Übernehme Bügeln, Stopfen, Putzen, wenn die Hausfrau fehlt. Bin sehr gründlich. Hoher Verdienst ist kein Thema.“ Leider waren schon alle Telefonnummern abgerissen...

Keine Tragik ohne Komik: Nach einem Einbruch in eine Firma auf dem Use Akschn-Gelände machten es sich die jugendlichen Täter im Chefzimmer bequem und lichteten sich per Polaroid in Unternehmerpose am Schreibtisch ab. Die Fotos haben sie dann liegengelassen und so wurden sie prompt festgenommen. Sollte das nicht den Politikern zu denken geben, die sich am Tatort immer ins Bild drängen? Apropos...Bürgermeister Wedemeier eröffnete gestern die 36. Bremer Bürgerpark-Tombola, deren Baracken wieder drei Monate lang einen Hauch von Parzelle in die City tragen. Anschließend leitete er die Aufsichtsratssitzung der Stadtwerke und heute würgt er sich beim Schaffermahl den Stockfisch rein: Kann man mehr Nieten in zwei Tagen ziehen?

Heiter hingegen stimmt die Nachricht, daß Senator Hein Mück Beckmeyer gestern in Bonn die Botschafter asiatischer Staaten zu Gesprächen empfing. Endlich mal ein Termin ohne Stelzen auf der Plateau-durch die Talsohle. Die Talsohle aber ist jetzt amtlich: Bremens Wirtschaft schrumpfte als einzige in den alten Ländern. Um O,6 Prozent. In diesem Bereich muß man ja noch nicht mal den Führerschein abgeben...

Mit immer neuen Methoden versuchen desorientierte Schriftgelehrte, am kollektiven Beratungswahn zu verdienen: „Schaffe lDir einen gesunden Ton in Deine Wohnung“ kräht's fröhlich am schwarzen Brett im Supermarkt von Dr Jürgen P. aus Oldenburg, der „Raumgestaltung und Einrichtung navh energetischen Gesichtspunkten anbietet. Ganz im Ernst offenbar, denn „die Plazierung von Bildern, Möbeln und sonstigen Einrichtungsgegenständen in einem Raum erzeugt zusammen mit den im Raum vorhandenen Farben eine Energiestruktur, die Einfluß auf den Menschen und seine Lebensenergie besitzt.“ Versprochen wird Entspannung, Belebung und Harmonie für die Bewohner, über Nebenwirkungen informieren Sie gern Ihr Arzt oder Apotheker.

Überall fordernse jetzt nicht nur den Einsatz deutscher Männer an der Jugo-Front. Auch Schwule sollen jetzt dabeisein dürfen oder müssen, ob Vorgesetzter oder Schütze Arsch am letzten Gliede. Das verstehe wer will. Wer Jungens liebt, soll Männer töten?

De berühmte Zuchthengst Grannus aus Vechta starb jetzt 21jährig im vollen Galopp in der dortigen Auktionshalle während einer Pferdeschau. Von seinen mehr als tausend Kindern und Kindeskindern war in der letzten Stunde niemand dabei. Sollte das nicht auch uns Menschen zu denken geben?

Erlauscht anläßlich eines Domtreppenfegens: „Jetzt die Feier, das haut nochmal voll rein. Und wenn ich morgen nicht den Schein mache, streichen die mir das BAFÖG. Die taz bestell' ich dann sowieso ab und den Urlaub kann ich auch vergessen.“ Da weiß man doch gleich, was man von den Abo-Abtrünnigen zu halten hat. Zu faul, zu dumm, zu reiselustig. Aber den Zampano mimen „...und bin ich nicht mehr bereit, eure Berichterstattung über unsere Initiative durch mein Abo auch noch zu finanzieren.“ Man kennt euch, PharisäerInnen und TaiChi-Gelehrten! Ulrich Reineking-Drügemöller

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen