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■ Urdrüs wahre KolumneGallia est omnis divisa in ...

Wann immer der ideologisierte Mittelständler schulpolitische Positionen bezieht, da rülpst es auch schon „Gümnasium!“ Wenn aber der praktizierende Mittelständler etwa im Supermarkt an der Falkenstraße unweit des Alten Gymnasiums seine Inventur-Differenzen beäugt, so hängt er ein Schild an die Eingangstür: „Hier Hausverbot für alle Schüler des AG“. Und was sagt nun der Herr vom Philologenverband?

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Daß das Humanistische Gymnasium keineswegs der Königsweg zu innerem und äußerem Reichtum ist, demonstriert derzeit mit Nachdruck ein ziemlich erbarmungswürdiges Menschenkind aus der Bettelzunft, das derzeit rund um den Brill sein karges Auskommen sucht. Unaufhörlich zitiert bzw. rezitiert dieser derangierte Herr um 5O mit schöner Geläufigkeit ganze Passagen aus Caesars DE BELLO GALLICO. Kann man diesem umherziehenden Volkspädagogen nicht endlich mal eine Planstelle als Studienrat anbieten? Gallia est omnis divisa in partes tres...

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In jener Restaurantkette, durch deren Federvieh vom Grill sonntags schon mal die Küche kalt bleiben darf, wird jetzt auch das Buch zum Hähnchen verkauft, verfaßt vom Patron des Unternehmens persönlich: „Vom Tellerwäscher zum Millionär und zurück – Ein Leben für den Wienerwald!“ Liegt hier eine Antwort auf die Sinnkrisen unserer Zeit?

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Im Märzen der Bauer die Rößlein anspannt. Und auch der Parzellist setzt Laube und Tunnelbeet instand. Hilfe offeriert ihm da per Anschlag am Lichtmast im der Salzburger Straße ein unbekannter Multi-Funktionaler mit diesen Worten: „Übernehme alle Gartenarbeiten, bohre Brunnen, lege Teiche an. Biete außerdem besten Dünger aus eigener Herstellung.“ Finden Sie das appetitlich?

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„Kriegen wir eine Armee von Spielzeugsoldaten?“ fragt in Deutschlands größter Tageszeitung der Autor Richard Voelkel zu Enthüllungen des Wehrbeauftragten Alfred Biehle. Danach spart die Bundeswehr jetzt in Manövern Übungsmunition, indem die Soldaten angehalten werden, den Gefechtslärm durch „pengpeng“ und „bumbum“ zu simulieren. Wir sehen darin einen Schritt in die richtige Richtung, empfehlen aber zur Wahrung des Realismus unbedingt noch steckschuß-kompatible Schreie aus der Tiefe des Leibes. „Auaaua“ etwa oder „Mama. Mamaaaa hilf mir“. Damit die Spielzeugsoldaten wissen, wie das Spielchen weitergeht...

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Karrierechancen für latent Gewaltbereite bietet demnächst auch in der Bremer Neustadt Fit Finlay' s Wrestling Academy. Es können reguläre Abschlüße im Knochenbrechen, Würgen, Hauen, Stechen erworben werden, die zur Führung des Titels Diplom-Catcher berechtigen (vermuten wir jedenfalls mal so). Bleibt die Frage, ob der Akademiebesuch auch als Bildungsurlaub zugelassen wird. Und werden die Bedingungen des Arbeitsförderungsgesetzes greifen? In jedem Fall: Dies ist keine Neugründung von BBI-Mitarbeitern!

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Da wird doch in dieser Stadt, die den Schlachthof für englische Tiere mit Rinderwahnsinn sperrt, die zutiefst menschliche Menschen zu Mahnwachen sammelt und Medikamente, Milchpulver und Werkzeug hierhin und dorthin zur Linderung der weltweiten Not schickt – da wird doch in dieser Stadt eine afrikanische Prostituierte von Polizeibeamten mutmaßlich erst in das eiskalte Wasser der Ochtum und dann dadurch in den Tod getrieben und keiner/keine fordert eine Untersuchung dieses unglaublichen Vorgangs. Hilft vermutlich nix, aber raus muß es: Klärt das mal, ihr Parlamentarier im zuständigen Ausschuß! Man gewöhnt sich sonst noch an sowas...

Ulrich Reineking-Drügemöller

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