■ Urdrüs wahre Kolumne: Könecke sein Wurstzipfel
Wie sehr das Landesamt für Verfassungsschutz auf dem letzten Arschloch pfeift, belegt ein Vorfall aus der Vahr, bei dem ein Mann mit Schlapphut einen Tabakladen in der Kurt Schumacher-Allee überfiel und trotz vorgehaltener Pistole ganz ohne Beute flüchten mußte. Wahrscheinlich hat der Tabak-Trafikant auch noch gelacht...
Wochenlang hat sich Endesunterzeichneter den Kopf heiß und schwer gemacht im Versuch, einen wirklich blinddarmnarbensprengenden Witz zur letzten Spritztour des brasilianischen Formel 1-Idioten Ayrton Senna zu entwickeln, und allzu spät kam jetzt auch eine entsprechende Eingebung. Wäre schön, wenn der Herr Schumacher nun bis zum Start der neuen Kabarett-Saison etwas vorsichtiger fahren könnte, damit der Senna-Gag wenigstens im Recycling aktuell bleibt.
Eigentlich hätten wir ja heute Feiertag, und die Zimmervermieter an Nord- und Ostsee hätten trotz regnerischer Wetterlage ein ökonomisches Zwischenhoch gehabt. Der neue Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober aber fällt gleich auf einen Sonntag und ist weder vom Standpunkt der ArbeitnehmerInnenschaft noch aus Sicht des Gastgewerbes von irgendeinem Nutzen. Ist es da ein Wunder, wenn das Projekt Großdeutschland immer mehr an Akzeptanz verliert?
Eine kühne Initiative startete jetzt der Waller Beirats-Liberalinski Detlef Mathiesen. Im Stadtteilparlament plädierte er für die Wiedereinführung des Plattdeutschen unter besonderer Berücksichtigung seiner Waller Spielarten als Amtssprache. Gleichzeitig forderte er die Schulen auf, mittels entsprechender Lehrbücher op Platt, ihren Beitrag zum Erhalt von use ole Modderspraak zu leisten. Wer aber für eine gerechte Sache kämpft, der wird viel Unterstützung finden: Mit großer Mehrheit schloß sich der Beirat dieser Forderung an. Ein beachtlicher Schritt auf dem Weg zum Freistaat Walle!
Drückt mir doch gestern eine leicht verhärmte Prophetin ein Freiexemplar dere Zeitschrift „Christusstaat weltweit“ in die Hand mit dem Titel „Warum ist die Gentechnik so gefährlich?“ Und warum hat die Frau mich dabei so ganz individuell angeschaut und mit wissendem Mund geflüstert „Das ist gerade für Sie persönlich besonders wichtig“???
Daß der bekannte Humorist Ernst Waltemathe und Deutschlands öberschter Fremdenverkehrswerber Jürgen Werner auf einem Butenbremer-Treffen in Bonn ebensowenig fehlen darf wie Hans Koschnick als neuer Reichsverweser für Mostar und ein Herr Führing vom Brauhaus Beck - das alles darf ja wohl vorausgesetzt werden. Aber daß der langjährige Wirtschaftsflüchtling Karl Könecke seinen Wurstzipfel schon so kurz nach Ablauf der Verjährungsfrist wieder in senatorische Sektkelche hängen darf, belegt einmal mehr, daß Resozialisierrung der Gestrauchelten in Bremen groß/größer/am größten geschrieben wird. Ob es im Rahmen des Kulturprogramms wenigstens zu einer Vorführung des legendären AKAS-Videos „Könecke. Der Film zum Schwein“ kommen wird?
Ulrich Reineking-Drügemöller
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