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■ Urdrüs wahre KolumneAn die Trevirahose ejakulieren

„Auf der ganzen Expo werdense keinen Bremer mehr finden“, prophezeit die geschäftstüchtige Dame hinter dem Kühltresen. Beim Fischstand natürlich. Und als Alternative empfiehlt sie „falschen Lachs“. So leicht glaubt man also, die Menschen eines ganzen Bundeslandes ersetzen zu können ...

Mastinos sind meistens ganz nett, ebenso wie Pitbulls und genau wie der neue Innenstaatsrat Kuno Böse aus Schnauz-Berlin, der nach eigener Einschätzung gar kein harter Hund ist. Klar, der Mordbube hängt immer am anderen Teil der Leine, wie uns die so genannten verantwortungsbewussten Halter derzeit nahezu täglich über alle Medien verkünden. Ja, und wer isses denn nun, der die Unschulds-Kunos und seine Artgenossen immer wieder mit dem Würgehalsband zum Bösen zwingt? Und ein Mensch geht um die Ecke/den man Berni Neumann nennt: Wenn das bittschön mal die politisierenden Tierärzte unter unseren LeserInnen im veterinärmedizinischen Wesenstest feststellen mögen.

Wieder mal die Geheimzahl der EC-Karte vergessen und bevor das Ding nach dem dritten Fehlversuch bis auf Weiteres im Schacht des Geldautomaten verschwindet, reihe ich mich also ein in die Warteschlange für Bares und Wahres in einer der Tempelhallen unserer Staatsreligion. Und als ich schon fast mein Ziel erreicht habe und Frisches zum Besuch der Hosenabteilung im Schlussverkauf anfordern kann, dreht sich die fiesemiese Hippe vor mir um, mit wutroten Wangen, Zweihundertfuffichmark-Dauerwelle auf dem mit Bosheit gefüllten Schädel und Leinenkos-tüm im borgfeldschen Neo-Country-Style. Dreht sich also um und faucht: „Diskretion, aber bitte sofort. SOFORT!“ Nun will ich ja niemanden bei seinen schmutzigen Bankgeschäften stören und es liegt mir auch fern, solchen Blitzmädels in räuberischer Absicht die Scheinchen aus den manikürten Fingerlein zu reißen, aber schließlich bin ich auch nicht das dressierte Männchen dieser Knallschote und so erlaube ich mir, sie auf die Belästigung der restlichen Menschheit durch ihr übel riechendes Parfum hinzuweisen, das an sich doch schon für ausreichenden Abstand sorge. Nun kontert sie mit einem aus blassrosagetünchten Lippen hervorgepresstem „Phhh ...“, blickt dann nach Worten ringend an mir auf und ab, um mich dann triumphierend wie irgendein zwanzigprozentiger Möllemann darauf hinzuweisen, dass ich mir mal wieder meine Schuhe putzen könnte. Leider fällt mir dazu nichts mehr ein, so ganz spontan. Vielleicht hätten wir zwei beiden uns sonst näher kennengelernt und noch vielleichter wäre es Liebe geworden, aber dann wäre diese kleine Begebenheit natürlich zu einem völlig unglaubwürdigen Abschluss gekommen. Und so absurd ist das Leben eben nur selten – an solchen Tagen etwa, wo irgendein Bausenator irgendeinen Grundstein fallen lässt, der dann die Wende für Bremen markieren soll und dann sogar die besser Informierten unter den anwesenden Freibiergesichtern für einen Moment lang ganz fest daran glauben.

Die Frau Merkel ist ja jetzt auch gegen das, was sie und ihresgleichen „Homo-Ehe“ nennen und ich bin im Gegenzug dafür, dass schon der öffentliche Gebrauch dieses Wortes jeden menschenfreundlichen Erotomanen verpflichten müsste, an die Trevirahose solcher Sprachdeppen zu ejakulieren. Man sage mir bitte Bescheid, wenn irgendwo in Bremen ein CDU-Stand mit Unterschriftensammlung zur Rettung des klerikalfaschistischen Familienbildes aufgebaut wird! Vielleicht kommt ja auch der Welfenprinz aus Hannover auf einen Sprung mit vorbei, der verhaut und beleidigt ja anerkennenswerterweise nur Leute, von denen ich persönlich ganz sicher bin, dass sie es genau so verdient haben! Und in der nahe gelegenen Pinkelmetropole Oldenburg sollen die Schwulen auch beim näxten Kramermarktumzug nicht mit einem Festwagen vertreten sein, „weil dort vorrangig heimisches Brauchtum vorgeführt werden soll“. Also beispielsweise beim Ringen um die Kohlkönigswürde die Kornflasche auf dem sonst nicht weiter strapazierten Kopf stellen und den Finger in den Hals stecken, damit Platz für Nachschub ist: Bürgermeister wird dort nur derjenige, dem es gelingt, den Städtefreundschaftspartnern das Erbrochene als oldenburgisches Nationalgericht anzudrehen. So sind die Leute dort – Menschendarsteller, die man besser unter sich lässt, fort damit ganz ohne Schaden.

Heute wieder mal so unwirsch, der Herr?! Bei dem Wetter ja auch kaum anders machbar, denkt sich

Ulrich „Grummel“

Reineking

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