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■ Urdrüs wahre KolumnePeace now, Michelle!

Nun werden Pizza, Liebesäpfel, Bratwürste und dazugehörige stadtbremische Biere wieder im Breakdancer oder ähnlichen Zentrifugalmaschinen gequirlt, bis dieser Cocktail mit einem munteren ISCHA FREIMAAK nach außen dringt. Mit etwas Glück geschieht das nicht in der Abgeschiedenheit irgendeiner versifften Ecke der Bürgerweide, sondern vor den Objektiven jener Webcams, mit denen die Fremdenverkehrswerber ihr Internet-Programm unter www.bremen-touristik.de live durch Szenen aus dem hiesigen Alltag bereichern: Völker der Welt, seht auf diese Stadt! Und, meine Herren Stehpisser, achten Sie anschließend auf den korrekten Sitz Ihrer Kleidung: der Hosenschlitz muss zu!

Ischa Freimaak, auf derart lächerlich reduzierter Fläche, dass man sich wirklich fragen muß, wie die ehrbaren Schausteller hier noch den großen Teller Knete erwirtschaften sollen, der dann von den Köllmännern, Schulenbergs und sonstigen Parvenues der senatsgeförderten Abzocker-Mafia verfrühstückt wird: Denken Sie bitte auch daran, liebe Leserin, und erwerben Sie wenigstens ein Lebkuchenherz, um es der wunderbaren Schöpfung Gottes namens Emely René zu übermitteln, deren Ankunft gestern mit berechtigtem Stolz von den Eheleuten Til Mette und Ina Lindemann aus dem fernen New Orleans vermeldet wurde. Glückwunsch, Glückwunsch, Glückwunsch, Halleluja!

Eine boshafte Verhöhnung aller wackeren Hanfparzellisten und Balkongärtner der Region ist der freudig verkündete Umstand, dass das Bremer Faserinstitut eine Technik zur Nutzung von Hanf für ultra-leichte Verbundstoffe im Automobilbau entwickelt hat – und dies auch noch, um das Innenleben des neuen Mercedes SL Sportwagen von Daimler-Benz auszustatten! Wer Lebensmittel und Kult-Utensilien der Rasta-Religion in solch pervertierter Weise missbraucht, der wird schon sehen müssen, wie er das dereinst vor Haile Selassie und dem Erzengel Jimmy Cliff verantworten kann. Ein Verbrechen, in der Tat – zumal die nächsten Ernten beim schwarzen Schimmel-Afghan ja nun komplett ausfallen dürften – dank uneingeschränkter Solidarität mit Schorge Busch & Co KG.

Auch in diesem Blatt wurde bereits politisch korrekte Kritik an der nicht von Christo durchgeführten Verhüllungsaktion am Rathaus zuguns-ten der Milkawerbung geübt. Dass mans auch anders sehen kann, mag die Antwort einer fünfjährigen Berlinerin aus meinem ja wirklich ziemlich großen Bekanntenkreis zeigen, die nach ihrem Bremen-Besuch auf die Frage nach dem Allerschönsten überhaupt in dieser Stadt erklärte: „Das große bunte Bild auf dem Marktplatz!“ Hätte sie mit Spacepark-Baustelle oder Weserpark geantwortet, ich hätte sie glatt in der Kinderpsychiatrie vorstellen lassen.

Große Hoffnung für die Rettung dieser Stadt setze ich in den ghanaischen König Osagyefo Oseadeayo Agyjemang Badu II., der ja nun Investoren und Ingenieure aus der Hansestadt zwecks Goldförderung in seinem Land gewinnen will. Diesen Badu sollte man sich warm halten, ihn mit Bremer Kluten, Ratskellerwein und Stubenküken erfreuen, auf dass er seine Europa-Residenz hierher verlegt. Aber wie ich die Bagage kenne, werden sie ihn zuvor vom Sheriff Kuno Böse checken lassen und den schwatten König dann wegen seiner muslimischen Kusine zum potentiellen Sleeper erklären.

Bei der Kulturredaktion melde ich trotz hämischer Vorankündigung hiermit mein Interesse an, den Auftritt unserer wunderbaren Schlagerprinzessin Michelle in der Stadthalle mit der gebotenen Begeiste-rungsfähigkeit in wahrhaft hymnischer Qualität zu rezensieren, denn einzig ihre Lieder sind es, die uns vielleicht noch Brücken bauen können. Brücken in einer Zeit, da die Grünen ihre friedfertigen Sonnenblumen längst gegen galaktische Wurfsterne eingetauscht haben, vor kriegerischer Erregung schon mit Dauerständer durch die Gegend laufen und die Grüninnen bereits unter Mutti Beer Merino-Socken für die Jungs und Mädels an der Front stricken. Denn siehe, es war Michelle, die jetzt bekannte: „Krieg? Ich denke da immer an die armen armen Kinder“. Ganz mit ihr einer Meinung grüßt im entspannten Slowfox

Ulrich „Grand Prix“ Reineking

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