Update aus der taz-lab-Schmiede (3) : Mit oder lieber ohne Elon?
Natürlich wollen wir mit unserem Kongress ein großes Publikum ansprechen. Ob wir das auch auf X tun sollten, ist im Team umstritten.
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taz lab | Fallen wir mal mit der Tür ins Haus: Kamala Harris, Al Gore, Angela Davis und Angela Merkel sowie Friedrich Merz haben sich auf unsere Einladung zum taz lab leider noch nicht zurückgemeldet. Wir denken groß und unsere Hoffnung stirbt zuletzt!
Ohnehin überwiegt eh die Freude, denn immer mehr Zusagen trudeln ein. Da sind die Evergreens wie Robert Habeck, Luisa Neubauer und Carla Hinrichs von der "Letzten Generation". Aber auch viele mehr.
Digitalpolitik beim taz-Kongress
Ich persönlich freue mich, dass wir auch digitalpolitisch gut aufgestellt sind. So hat etwa das Social Media-Watchblog zugesagt, Technosoziologe Jürgen Geuter (im Netz bekannt als tante), Forscherin Alice Rombach oder auch Plattform-Experte Michael Seemann.
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■ Jedes Jahr im April geht das taz lab, der Kongress der taz über die Bühne. Live im Stream und rund um den taz Neubau in Berlin.
■ Das taz lab ist Deutschlands Kongress für Debatte, Streit und Verständigung zu den Fragen der Zeit, ausgerichtet und kuratiert von der taz.
■ Unter einem alljährlichen Oberthema diskutieren am taz-lab-Tag Menschen aus Politik, Zivilgesellschaft, Forschung, Wirtschaft, Medien und Kultur. 2025 lautet das Thema: weiter/machen – Jenseits der Empörung.
■ 2025 findet das taz lab am 26. April statt. Tickets gibt's hier.
Trotz viel Euphorie herrscht hier aber nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen. Etwa in der Frage, ob wir X bespielen sollen, um für das taz lab zu werben. Kurz: Ob wir da ganz nach Kongressmotto weiter/machen. Oder soll man es lassen?
Die beiden Gegenpole sind dabei taz-Urgestein Jan Feddersen und ich, Julian von Bülow, dieses Jahr für Social Media beim taz lab verantwortlich. Seit 2023 helfe ich in der taz Kommune mit, die taz-Inhalte auch in den sozialen Medien ans Publikum zu bringen. Und nun geht’s an taz lab, guten Tag! 👋
taz lab auf X – pro und contra
Sollten wir also auf X über unsere Arbeit und den Kongress informieren? Jan plädiert dafür, ein möglichst großes Publikum anzusprechen und dass man auf X immer noch gute Diskussionen mit spannenden Menschen führen kann. Wir sollten es uns ihm zufolge nicht zu bequem in unserer eigenen Blase machen: „Das missliebige Zeug auf X lasse ich an mir vorbeischwimmen. Nervt, aber nicht so, dass ich das alles gar nicht zur Kenntnis nehmen will“, sagt Jan. Genau das sei ja auch der Geist des taz labs: sich auch dem Unbequemen aussetzen.
Ich finde, das sind treffende Argumente und stimme ihnen auch zu. Aber ich kann nicht ignorieren, dass der Eigentümer Elon Musk ist – der reichste Mensch der Erde. Musk, das ist der, der dem Publikum bei Trumps Amtseinführung schon mal einen Hitlergruß zuwirft, mit seinem Department of Government Efficiency (dt.: Ministerium für Regierungseffizienz) gerade die gesamte US-Entwicklungshilfe zerlegt und sein Geld auch damit verdient, dass möglichst viele Leute auf X unterwegs sind. Je mehr Zeit, desto mehr eingeblendete Werbung, desto mehr Einnahmen.
Auf X selbst gibt’s so gut wie keine Moderation der Inhalte mehr. „Free Speech“ sagen die einen, Freifahrtschein für Hass und Desinformation die anderen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie viel hingerotzter Hass unter taz-Tweets landet. Um dem etwas Einhalt zu gebieten, wurde der große X-Account der taz (@tazgezwitscher) mittlerweile auf "privat" gestellt. So sehen die Inhalte nur diejenigen, die uns sowieso schon folgen. Ich finde, wir sollten weitergehen und der Plattform komplett den Rücken kehren.
Die Präsenz der taz hat Signalwirkung
Denn natürlich sendet die taz als Institution mit ihrer Präsenz dort das Signal, dass es als linkes Medium in Ordnung sei, auf X zu sein. Das scheint mir schwer vermittelbar bei einer Zeitung, die gegründet wurde, um ein Gegengewicht zu rechten und profitorientierten Medienkonzernen zu sein. Zumal es ja auch schon etliche andere Medien und Akteur:innen gibt, die der Plattform den Rückengekehrt haben, darunter der Deutschlandfunk oder die Berliner Generalstaatsanwaltschaft.
Wir als taz liefern X Aufmerksamkeit, unser Gewinn durch unsere Präsenz auf der Plattform ist hingegen zweifelhaft. Ein Beispiel: Wir posten eine Luisa-Neubauer-Zitatkachel zeitgleich auf X (682.000 taz-Follower:innen) und auf Bluesky (45.000). Bei letzterem gibt’s etwa fünfmal so viele Likes wie bei X. Das legt nahe: X zeigt unsere Inhalte kaum Leuten an, obwohl sie uns folgen (oder, dass X-User die Kachel eher doof finden oder die Plattform im Grunde bereits verlassen haben). Die weist aber auch die Zahl der Leute aus, die unseren Kachel-Post gesehen haben. Das waren 2.740 Leute – ein Dorf, obwohl wir laut Zahlen das Publikum einer Großstadt haben.
Das taz lab ist weiterhin auf X, aber…
Nun haben wir im taz lab-Team Mitte Januar abgestimmt. Am Ende wollte die Mehrheit des Teams, dass wir auf X bleiben. Aber das Schöne ist ja, dass sowohl taz als auch taz lab ebenfalls auf Mastodon und Bluesky vertreten sind. Hier erreichen wir unser Publikum eher, der Umgangston bei beiden ist auch netter. Also schaut doch einmal vorbei. Vielleicht seid ihr ja sogar für einen Plattformwechsel zu begeistern oder habt ihn bereits vollzogen.
Soweit aus dem taz lab-Maschinenraum. Wir sind mit der Planung schon nah am Programmschluss, daher kommt nun ihr ins Spiel, denn die Tickets gibt’s mittlerweile im Netz zu erstehen. Ob zuhause an den Bildschirmen oder in Berlin in der Friedrichstraße – ich hoffe, wir können euch ein Programm bieten, dass inspiriert und zum Streiten anregt! Mittlerweile sind wir nänlich auch schon beim Programmschluss angelangt, dann geht's ans Layout und am Ende des Monats können wir hoffentlich das Online-Programm anbieten.
■ Kleiner Tipp: Mit der App Openvibe lassen sich Mastodon- und Bluesky-Accounts in einer Timeline zusammenfassen. Mensch hat also zwei Plattformen mit einer App im Blick.
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