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Unzufriedenheit mit Beiratsreform

■ Sakuth kritisiert Kröning: Mißachtung des Beiratsgesetzes

Direktwahl der Beiräte, Wahlrecht für Ausländer, Stärkung der Rechte. Unter diese Überschrift stellte der Senat vor genau einem Jahr die Reform des Bremischen Beirätegesetzes. Zumindest mit der Stärkung der Beiräte, das wurde gestern bei einem Forum der SPD-Bürgerschaftsfraktion deutlich, ist es nicht weit her. „Es hat nicht das gebracht, was wir uns erwünscht haben. Mehr Rechte werden nur suggeriert“, meinte Gesamtbeiratssprecher Christian Weber (SPD) gestern zu den Folgen der Reform. Seit einem Jahr haben die Beiräte das Recht, Vorschläge von Behörden, nicht nur abzulehnen, sondern diese Ablehnung auch der zuständigen Deputation vorzutragen. Christian Weber hat dies des öfteren getan. Seine Erfahrung: „Nach drei bis fünf Minuten ist man wieder draußen. Jede Wortmeldung wird mit Stirnrunzeln betrachtet.“ Selbst Kleinigkeiten, wie der einstimmige Beschluß des Beirates Hemelingen zur Umbenennung einer Straße, werden von der übergeordneten Deputation abgelehnt. Weber: „Es ist genauso schwierig wie früher.“

Noch schwieriger wird es nach Webers Meinung, wenn die WählerInnen im nächsten Jahr zum ersten Mal direkt wählen können, wer ihre Interessen im Beirat vertreten soll. Den steigenden Anforderungen der BürgerInnen an die Beiräte könnte mangels Kompetenz nicht entspochen werden. „Wir kommen dann in Erklärungsnöte.“

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Reinhard Barsuhn bemühte sich der Kritik von Weber etwas die Spitze zu nehmen. „Wir haben uns vielleicht nicht getraut weiterzugehen“, meinte er und führte zur Begründung das ebenfalls beschlossene Ausländerwahlrecht an. Die Argumentation der Vorsichtigen: Nur wenn der Beirat keinerlei Entscheidungsrechte habe, sei das Ausländerwahlrecht verfassungsrechtlich wasserdicht. Eine eventuelle Novellierung des neuen Gesetzes schob Barsuhn in die Zukunft. „Es hat sich fast in jeder Legislaturperiode etwas ergeben.“

Aus Hamburg hatte die SPD-Fraktion den Regierungsdirektor Hartmut Wegener eingeladen, der die dort anstehende Verwaltungsreform mitvorbereitet hat. Seine Empfehlung an die Bremer Reformer: Größere Verwaltungseinheiten schaffem, sprich: Beiratsbereiche zusammenfassen und die Verwaltungskraft vor Ort stärken.

Auch Senator Sakuth qua Amt für Ortsämter und Beiräte zuständig, sah vor den Teilnehmern des SPD-Forums durchaus Ansätze für Kritik. So dauere zum Beispiel die Umsetzung von Beschlüssen zur Verkehrsberuhigung zu lange. Weitere Kritikpunkte: Die Sozialbehörde habe die Ortsämter in Sachen Unterbringung von Aus-und Übersiedler schlecht und oft erst nach der Presse informiert. Und besonders geärgert hat sich Sakuth über seinen Senatskollegen Volker Kröning. Dessen Argumentation, daß der Beirat Östliche Vorstadt in Sachen Weser-Stadion-Ausbau nicht mitzuwirken habe, weil es sich um eine Landesangelegenheit handele, mochte Sakuth „beim besten Willen nicht folgen“. Sakuth: „Solche Fälle der Mißachtung des Beiratsgesetzes dürfen sich nicht wiederholen.“

hbk

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