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Unverständnis über Verhalten von Helmut Kohl wächst

Nordrhein-westfälischer CDU-Chef Jürgen Rüttgers fordert radikale Erneuerung der Partei, will aber Wolfgang Schäuble als Parteivorsitzenden behalten

Berlin (taz/dpa) – In der CDU wächst der Unmut über Altkanzler Helmut Kohl. Die Fraktion sieht einen großen Gesprächs- und Diskussionsbedarf. Kohl habe durch sein Verhalten „selbst eine Distanz zur Fraktion geschaffen“, sagte Fraktionsvize Hermann Kues.

Generalsekretär Heiner Geißler ist der Meinung, dass Kohl die „erheblichen materiellen Folgen“ für die Partei vor Augen geführt werden müssten. „Es ist schon die Frage, ob der ehemalige Parteivorsitzende den Spendern auch dann sein Wort gegeben hätte, wenn klar gewesen wäre, dass er die zu erwartenden Strafe in Millionenhöhe aus eigener Tasche zu zahlen hätte“, sagte Geißler. Schadensersatzansprüche an Kohl hält er aber nicht für das richtige Mittel.

Auch NRW-Parteichef und CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Mai, Jürgen Rüttgers, sieht in einer Zivilklage gegen Kohl keine Lösung. Er forderte in einem Fernsehinterview eine radikale strukturelle Erneuerung der Bundespartei. Die gesamte Führungsspitze der CDU müsse die Konsequenzen ziehen, verlangte er. Rüttgers sprach sich aber gleichzeitig für einen Verbleib von Wolfgang Schäuble an der Parteispitze aus.

In der CDU hieß es, es sei über mögliche Regressforderungen an Kohl bislang noch nicht gesprochen worden, weil die genaue Schadenshöhe noch nicht feststehe. Nach dem Vereinsrecht könne über einen Verzicht auf Schadensersatz nicht die Parteispitze, sondern nur ein Parteitag entscheiden.

Unterdessen berichtet die FAZ, der ehemalige Bundesinnenminister Manfred Kanther habe entgegen früheren Äußerungen in seiner Funktion als hessischer CDU-Generalsekretär selbst Zahlungsanweisungen aus dem Vermögen seiner Partei in der Schweiz ausgestellt. Dies sei „in Einzelfällen“ Mitte der 80er-Jahre geschehen, berichtet die Zeitung unter Berufung auf einen Bericht des ehemaligen CDU-Finanzberaters Horst Weyrauch an die Hessen-CDU.

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