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Unterm Strich

Während allerorten Theater schließen müssen oder doch davon bedroht sind, ist aus Köln eine Neueröffnung zu melden. Auf dem ehemaligen Industriegelände der Klöckner-Humboldt-Deutz-Werke wird heute abend mit der „Dreigroschenoper“ die Halle Kalk eingeweiht. 1.000 Zuschauer finden darin Platz, und die rechte Rheinseite, bisher kulturell eher vernachlässigt, hat nun eine eigene Attraktion. Das Projekt wäre, wen wundert's, ohne Sponsoren nicht möglich gewesen. Einsichtig, daß angesichts kulturpolitisch bedeutsamer Ziele auch die Privatwirtschaft gefordert ist, haben die Versicherungen Colonia und Nordstern rund ein Drittel der vorläufigen Kosten von 1,2 Millionen Mark übernommen.

Das Auswärtige Amt hat zum ersten Mal offizielle deutsche Kulturwochen im Baltikum organisiert. Bis zum 5. Januar werden in Estland, Lettland, Litauen und Rußland über 300 Schauspieler, Musiker, Autoren und Akademiker an – Achtung, Zahlen! – 95 Kulturereignissen an 40 Veranstaltungsorten in 9 Städten teilnehmen. Zum Angebot der etwa 2,5 Millionen teuren Aktion – ab sofort ist die Preisangabe für jede kulturelle Äußerung und Veranstaltung verbindlich – gehören Theater, Filme, Lesungen und Kolloquien. Daß Herr Wittmann, Kulturabteilungsleiter im Auswärtigen Amt, die baltische Region von Sankt Petersburg bis Kaliningrad wegen historischer und politischer Gemeinsamkeiten für solche multinationalen Unternehmen besonders gut geeignet hält, wollen wir wohlwollend als rein multinationales Denken deuten.

In der Berliner Stadtschloß-Imitation, dessen 100-Tage-Frist allmählich abläuft, sollen am 7. und 8. Oktober auf dem Forum „Zukunft bauen“ Ideen, Konzeptionen und Visionen der neuen Berliner Mitte diskutiert werden. Geplant sind Vorträge und Diskussionen, in denen Schloßbefürworter wie -gegner zu Wort kommen. Herr Rohrbach, Sprecher der deutschen Zementhersteller, hält die Plastikbaude (das ist berlinerisch) für eine „ideale Plattform“ dieses Forums. Beziehungsweise dafür, jede Menge Zement abzusetzen.

Was wären wir ohne anverwandte Leserinnen? Ein Nichts. Die Abteilung „Wir prangern an“ erhielt den Hinweis auf eine neue Ungeheuerlichkeit, diesmal aus der Besteckindustrie: den Göffel. „Der Göffel ist eine wertvolle Gabel und ein Löffel zugleich. Während bei herkömmlichen Gabeln die Sauce durch die Zinken rinnt, sammelt sie sich beim Göffel in der dafür vorgesehenen Wölbung.

So können Sie beides gemeinsam genießen: den Dialog von zartem Fleisch, Fisch oder Gemüse mit der dazu komponierten Sauce. Die stumpfen, kurzen Zinken sorgen dafür, daß die feinen Häppchen nicht auseinanderbrechen.“ Bleib er uns fern, der Herr Erfinder, wir machen ihn zu Häppchen, mit stumpfen, kurzen Zinken.

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