: Unterm Strich
Der Autor Philipp Vandenberg hat Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein vorgeworfen, Teile der Titelgeschichte des Magazins über Troja (siehe Der Spiegel, Nr. 15, 1996) bei ihm abgeschrieben zu haben. Vandenberg, der mit Bestsellern über Themen des Altertums Millionenauflagen erreichte, sagte der Bild am Sonntag (Hamburg), Augstein habe sich aus seinem 1995 erschienenen neuen Buch „Der Schatz des Priamos“ bedient. „Rudolf Augstein hat weite Passagen seines Artikels bei mir abgeschrieben“, behauptet Vandenberg. Sein Verleger Peter Molden (Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach) bedauerte, daß Augstein das Vandenberg-Buch an keiner Stelle seines Beitrags als Quelle genannt habe. Der Lübbe Verlag habe allein zwölf deckungsgleiche Passagen gefunden. „Wir erwägen, unsere Anwälte mit der Angelegenheit zu beschäftigen“, kündigte Molden in der „BamS“ an. In der Titelgeschichte „Der Troja-Schwindel“ hatte sich der 72jährige Spiegel-Herausgeber mit dem schillernden Leben des deutschen Archäologen Heinrich Schliemann (1822–1890) und dem von ihm entdeckten Schatz des Priamos befaßt. Nach Darstellung Vandenbergs stimmen einige der Augstein-Passagen wörtlich mit seinem in 18 Jahren recherchierten Buch überein. Im Spiegel wird über die Jugend Schliemanns berichtet: „Aber das Säckeschleppen fiel dem 1,56 Meter kleinen Mann denn doch zu schwer, er fürchtete, wieder Blut zu spucken.“ Bei Vandenberg heiße es: „Das Säckeschleppen ... raubte ihm die letzten Kräfte. Er fürchtete, wieder Blut zu spucken.“ An einer anderen Stelle schreibt Augstein: „...dem Trunkenbold von Vater schickte er sogar zwei Fässer Bordeaux.“ Bei Vandenberg steht: „...er schickte dem alten Trunkenbold einmal sogar zwei Fässer Bordeaux.“ Vandenberg verweist außerdem auf Zitate aus Originalbriefen Schliemanns, die er verändert habe, um sie verständlicher zu machen. „Und mit genau diesen Änderungen stehen sie auch im Spiegel.“ (Vgl. auch den Bericht auf der gegenüberliegenden Seite.)
Die französische Übersetzerin Marthe Robert ist in der Nacht zum Freitag im Alter von 82 Jahren gestorben. Das gab ihr Verlag Grasset in Paris bekannt. Erst im vergangenen Dezember war sie für ihr literarisches Gesamtwerk mit dem renommierten „Grand prix national des Lettres“ ausgezeichnet worden. Marthe Robert hatte sich nach ihrem Studium an der Sorbonne in Paris und an der Frankfurter Universität auf die Übersetzung großer deutschsprachiger Schriftsteller spezialisiert. Außer Goethe und Kafka übertrug sie auch Nietzsche und die Brüder Grimm ins Französische. Besonders eingehend befaßte sie sich mit Kafkas Werk, das sie aus psychoanalytischer Sicht interpretierte. Eine „Einführung in die Lektüre Kafkas“ veröffentlichte sie bereits 1946. Zwei weitere Werkanalysen folgten 1968 und 1979.
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