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Unterm Strich

Da kriegt der Thomas Brussig am Freitagabend den mit 10.000 Mark dotierten Hans-Fallada-Preis der Stadt Neumünster für seinen Roman „Am kürzeren Ende der Sonnenallee“, Buchpendant zum Erfolgsfilm „Sonnenallee“, und Hans-Joachim „Gefühlsstau“ Maaz spricht in der Laudatio davon, das Werk habe „herrlich provoziert und doch zum Lachen animiert“, das Lebensgefühl der Ostdeutschen sei darin „aufs Köstlichste“ beschrieben und der Roman insgesamt eine „humorvolle und liebenswerte Erinnerung an die eigene Geschichte“ – und gleichzeitig läuft eine Anzeige der Hilfsorganisation für die Opfer politischer Gewalt „Help“ gegen Leander Haußmann, der den Film inszeniert hat, wegen Verharmlosung und Beleidigung der Maueropfer. Am Samstag nun reagierte Thomas Brussig mit einem offenen Brief in der FAZ. „Wenn es Sie interessiert“, heißt es dort, „Ihre Anzeige enttäuscht mich, aber sie wundert mich nicht.“ Ein Trauma ohne Resonanz wolle sich in Form „lächerlicher Begründungen Gehör verschaffen“. Brussig fragt, wie denn ein Prozess aussehen möge, mit kichernden Schöffen und Gratisvorstellungen für Richter, nachdem bereits fast 2,3 Millionen den Film gesehen haben (demnächst „mehr Zuschauer, als die SED Mitglieder hatte“), und weist en passant darauf hin, dass er „Help e. V.“ im Herbst 1999 eine größere Geldspende hat zukommen lassen. „Ich muss annehmen, dass die Spende, die ich Ihnen machte, dazu genutzt wird, gegen einen Regisseur vorzugehen, weil der einen Stoff verfilmte, den ich ihm antrug.“ Reaktionen von „Help e. V.“ liegen bislang nicht vor.

Wo wir bei Preisen sind: Michael Gwisdek, Schauspieler und Regisseur, hat am Samstag in Berlin den diesjährigen Ernst-Lubitsch-Preis der Filmkritik erhalten. „Gwisdek wird damit für sein außergewöhnliches Lebenswerk geehrt. Er ist ein Schauspieler und Komiker durch und durch“, formulierte der Filmjournalist Markus Tschiedert in seiner Laudatio. Das hätten wir auch nicht schöner sagen können. Tschiedert würdigte außerdem die jüngste Rolle von Gwisdek im Film „Nachtgestalten“ von Andreas Dresen. Gwisdek, „sichtlich bewegt“ (dpa), im Gegenzug: „Es ist das schönste Gefühl, das man haben kann, und ich genieße es.“

Und noch’n Preis: Pedro Almodóvar ist der große Gewinner bei der Verleihung der spanischen Goya-Filmpreise. Seine Produktion „Alles über meine Mutter“ erhielt in der am Samstag live vom spanischen Fernsehen übertragenen Zeremonie sieben der begehrten Statuen, darunter für den besten spanischen Film des vergangenen Jahres. Almodóvar wurde zudem als bester Regisseur ausgezeichnet. Cecilia Roth bekam für ihre Hauptrolle in dem Film als Mutter, die den Vater ihres tödlich verunglückten Sohnes sucht, den Preis als beste weiblicheDarstellerin. „Zu Tränen gerührt“ (dpa) erinnerte Almodóvar in seiner Dankesrede an seine eigene Mutter, die im vergangenen Jahr gestorben war. Die spanische Filmakademie hatte dem Regisseur aus der Mancha trotz zahlreicher Nominierungen noch nie einen ihrer Preise vergeben. In diesem Jahr nun kam alles auf einmal, ganz große Abräume. Almodóvar gewann mit seinem zwölften Film bereits den Europäischen Filmpreis und beim Filmfest in Cannes den Preis für die beste Regie. Die amerikanischen Kritiker zeichneten ihn mit vier „Grammies“ aus. „Alles über meine Mutter“ gilt obendrein und außerdem als einer der Favoriten für den „Oscar“ für den besten ausländischen Film.

Nicht nur weil Goettle-Tag ist: Wenn Sie dies lesen, werden die zwölf Cellisten der Berliner Philharmoniker ein Benefizkonzert zu Gunsten der Franziskaner-Suppenküche in Pankow gegeben haben, und zwar ab 17 Uhr im Atrium der Deutschen Bank Unter den Linden und mit Werken von Bach und Piazolla. Die Musiker verzichten auf ihr Honorar, wodurch 32.000 Mark der Suppenküche zugute kommen, teilte Rudolf Weinsheimer von den Cellisten der dpa mit. Außerdem werden bei dem Konzert Spenden gesammelt. In der Suppenküche werden täglich etwa 300 Essen ausgegeben. Außerdem gibt es dort eine Sozialberatung, eine Kleiderkammer und eine Hygienestation.

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