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■ Unter der Knute des FortbewegungsmittelsRage against the Maschine

„Wenn ich in ein Auto steige, werd' ich zum Faschisten“, meinte zwar ein Bekannter, doch theoretisch zumindest ist Autofahren klasse. Beim Praktischen allerdings hapert es oft. Obgleich ich Autos wegen ihrer Langsamkeit in der Großstadt schätze (die rasenden Fahrradfahrer sind mindestens doppelt so schnell), können sie mich nicht ausstehen. Das erste, das ich mir kaufte, starb nach einem Monat in Frankreich – dann trampte ich nach Hause. Ein anderes fuhr mich über den Haufen, ein drittes verweigerte mir in entscheidenden Momenten stets den Dienst. Ein Jahr lang bemühte ich mich, alle entscheidenden Momente zu vermeiden, doch das Auto durchschaute mich und blieb irgendwann stehen, als ich es überhaupt nicht brauchte. Um es zu demütigen, ließ ich es ein paar Monate stehen, um dann zu einem überraschenden Coup auszuholen. Ich brachte es zu einem Bekannten, der sich auf renitente Autos zu verstehen vorgab.

Sanft und freundlich sprach er zu mir wie zu einem Kinde. Das Auto sei prima noch in Schuß. Dies und das müsse man zwar sicherlich noch machen, doch zur Werkstatt zu fahren, das lohne sich nicht. Das wäre auch viel zu teuer. Ich war glücklich; das Auto war – vorerst zumindest – weg. Schöne Wochen verlebte ich ohne es.

Nach einem Monat dann rief ich den hilfsbereiten Bastler an, um mich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen. Bis jetzt, erklärte er mir leicht genervt, sei leider noch nichts geschehen. Er habe auch keine Zeit und werde den Wagen nun doch in eine befreundete Werkstatt fahren. Sei Ton war irgendwie vorwurfsvoll. Ein paar Tage später rief er wieder an: Das Auto in die Werkstatt zu bringen, sei eigentlich viel zu teuer; diese oder jene Macke sei doch größer, als zuerst gedacht. So wollte er's alleine erledigen.

Ein paar Monate vergingen. Aus Herbst war Winter, aus Winter war Sommer geworden. Der verlängerte TÜV-Termin nahte bedrohlich. Um sich anzuspornen, annoncierte er das Auto mit 2 Jahren TÜV für 1.111 Mark (das fand er lustig). Natürlich wurde es nicht fertig, obgleich er sich „sehr günstig“ ein gleiches Modell zum Ausschlachten vors Haus gestellt und alles mögliche aus dem Ausschlachtmodell aus und in mein Auto eingebaut hatte.

Einige Interessenten verloren daraufhin ihr Interesse, andre kündigten sich an und kamen nicht; ein hippiesker Italiener zeigte sich zunächst zwar interessiert, sprang dann jedoch ab, weil ihm das Auto „zu unordentlich“ war. Außerdem hatte jemand inzwischen aus dem Auto, das nunmehr fast ein halbes Jahr an der gleichen Stelle geparkt war, die Batterie geklaut. Klasse!

Eine Woche hatten wir noch bis zum letzten TÜV-Termin. In dieser Woche hatte B. aber nun leider gar keine Zeit. So schlug er vor, ich solle die Karre einfach so zum TÜV fahren, dann würde ich eine Verlängerung kriegen. Die gab's nicht, nur höhnisches Lachen und wütende Blicke der Überwachungsschergen.

Zwei Tage hatten wir noch. Irgendwie hatte B. den Wagen doch noch ganz hingekriegt. Fast. Weil das Vorderlicht falsch eingestellt war, fiel er dann doch durch beim lachenden TÜV. Wütend machte mich B. dafür verantwortlich. Auch habe er nun schon so viel Zeit in den Wagen gesteckt, diese und jene Summe ausgegeben und jetzt überhaupt keine Lust mehr. Getankt habe er auch. Ich schenkte ihm das Auto und ärgerte mich, daß er sich nicht gedemütigt fühlte durch den duften Wagen, den ich ihm gab. Inzwischen bin ich glücklicher. Nur macht mir mein Fahrrad Probleme. Neulich traf ich einen alten Bekannten, der vorgab, sich auf Fahrräder zu verstehen. Detlef Kuhlbrodt

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