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Unpraktische BuswartehäuschenFahrgäste im Regen

Zu schmale Seitenwände im Herbst: Gerade zu dieser Jahreszeit sind die neuen Designer-Buswartehäuschen nicht für jeden Standort gleich gut geeignet.

Schön schlicht aber nicht ganz durchdacht: Buswartehäuschen von Norman Foster. Bild: Hamburger Hochbahn

Vornehm sehen sie ja aus die neuen Buswartehäuschen, die seit 2010 aufgestellt werden. Doch die Fahrgastunterstände, die den Komfort der Fahrgäste erhöhen sollen, haben einen Konstruktionsfehler: An Standorten mit wenig Platz müssen ihre Seitenwände auf gerade mal 60 Zentimeter schrumpfen. Ein beliebter Mensch wird Mühe haben, dahinter Schutz vor Wind und Regen zu finden.

Die Wartehäuschen werden als Folge des neuen Vertrages für die Hamburger Außenwerbung ausgetauscht, den der Senat 2007 mit der Firma JCDecaux geschlossen hat. Im Gegenzug für das Recht, Werbetafeln aufzustellen, liefert das Unternehmen eine neue Stadtmöblierung. Eine Kommission unter Leitung von Oberbaudirektor Jörn Walter entschied sich grundsätzlich für einen Entwurf Sir Norman Fosters, des Architekten, der den Reichstag umgebaut hat. Besonders edle Standorte wie die Hafencity erhalten Haltestellen von André Poitiers, der den Jungfernstieg umgestaltet hat.

Man habe in die neuen Wartehäuschen "gewonnene Praxiserfahrungen einfließen lassen", teilte die Hochbahn bei der Vorstellung des neuen Modells mit. Demnach überzeugen die Unterstände durch viele Vorteile, etwa "mehr Windschutz durch tiefer gezogene Seiten- und Rückwände" und "mehr Möglichkeiten, den Unterstand optimal an den jeweiligen Standort anzupassen".

Was das bedeutet, ist jetzt der Linkspartei in Wandsbek aufgefallen: An vielen Orten würden verkleinerte Fahrgastunterstände errichtet. "Die vertraglich vorgesehenen Werbetafeln werden in diesen Fällen in vergrößerter Form separat aufgestellt", kritisiert die Linksfraktion in der Bezirksversammlung. Die Partei lehne "die Realisierung größerer Werbeflächen auf Kosten des Fahrgastservices grundsätzlich ab". Insbesondere bei schlechter Bustaktung aber sei ausreichender Witterungsschutz wichtig.

JCDecaux weist die Verantwortung von sich. Es sei nicht die Absicht, den Witterungsschutz zu verschlechtern. Die kürzeren Seitenteile resultierten vielmehr aus Vorgaben der Landesbehörden: "Wir sind angehalten, die vorgegebenen Abstände zu Gehwegen und Fahrbahnkanten genau einzuhalten und müssen diese daher auch in der Ausgestaltung der Fahrgastunterstände berücksichtigen", sagt Pressesprecherin Frauke Müller.

Das Problem liegt nach taz-Informationen in einer Besonderheit der Wartehäuschen: Im Gegensatz zu den alten Unterständen lassen sich die neuen Rückwände nur von hinten austauschen. Das heißt, sie müssen von Blumenrabatten und Schaltkästen so weit entfernt stehen, dass Monteure heran kommen.

Dafür, wo und wie die Haltestellen gesetzt werden dürfen, sind die Bezirksämter zuständig. "Wir prüfen, ob genug Abstand zum Geh- oder Radweg gegeben ist", bestätigt das Bezirksamt Wandsbek. Es gehe schlicht darum, "dass auf engem Raum nur dann für alle Bedarfe Platz ist, wenn sich alle etwas einschränken", teilt die Verkehrsbehörde mit. Man sei "bisher davon ausgegangen, dass es nicht zu Verschlechterungen für unsere Fahrgäste kommt", sagt Hochbahn-Sprecherin Maja Weihgold. Sollte das anders sein, werde das Unternehmen dem nachgehen.

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5 Kommentare

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  • S
    Slimak

    Diese Busunterstände sind eine Katastrophe. Ich dachte immer, sie sollten vor Wind und Nässe schützen - davon kann wohl nicht die Rede sein. Wer sich so einen Schwachsinn ausdenkt, scheint zu den ewig Privilegierten zu gehören, die selbstredend nicht auf den ÖPNV angewiesen sind. Als Normalbürgerin kann ich natürlich gern auch im Bushäuschen nass werden - natürlich bei steigenden Preisen für eine auch sonst nicht wirklich komfortable Beförderung.

  • BA
    Bürger aus Ohlsdorf

    Wenn ich es recht sehe, handelt es sich bei dem abgebildeten Unterstand um den in der Borsteler Chaussee in Groß Borstel. Als regelmäßiger Besucher von Veranstaltungen im Stavenhagenhaus kann ich sagen, dass (je nach Körperfülle) drei bis vier Personen auf der Bank und ein gutes Dutzend im Unterstand insgesamt Platz haben. Bei einer Bushaltestelle, an der so gut wie nie mehr als fünf Personen warten, reicht das locker aus. Der örtliche Bürgerverein (der sich hier vornehm "Kommunalverein" nennt) meckert auch über diese Unterstände, allerding nicht weil sie zu klein wären, sondern weil er sie nicht für notwendig und rausgeschmissenes Steuergeld hält, man könne sich schließlich auch bei der Haspa oder bei Budni unterstellen ... (das kommentiere ich jetzt mal lieber nicht)

  • S
    ästhet

    PS: Wenn ich es recht sehe, haben in dem von der taz abgebildeten "vornehmen" (??) Unterstand vielleicht 6-8 Leute stehend Platz (dann wohl schon recht beengt), bzw. 2 Menschen können da sitzen (allerdings nicht mehr, wenn bereits 8 da stehen)... wer plant, genehmigt, beschließt, begrüßt so einen Schwachsinn? Sicher niemand, der jemals darauf angewiesen war. Das ganze Häuschen wirkt eher wie ein ungeliebtes Alibi-Anhängsel für die technisch sicher bestens ausgestattete Werbetafel. Als "vornehm" kann ich diese Baumarkt-Bauhaus-Architektur von der Stange nicht empfinden. Gehen Sie mal nach Polen oder Skandinavien, dort finden Sie ästhetisch anprechend gestaltete Bushäuschen. Die sogar noch vor dem Wetter Schutz bieten. Bei uns kann man sich derweil immerhin optisch an der leuchtenden Abbildung der NDR-Kaffeetasse wärmen, wenn der kalte Wind durch das offene Metallgestell pfeift - natürlich auch eine Möglichkeit, wie gesagt, wir sind hier ja in Hamburg.

  • S
    ästhet

    Mich wundert, dass die blöde, dümmliche und aufdringlich leuchtende Werbung im Stadtbild nur unter dem Gesichtspunkt diskutiert wird, dass sie hier die Wartehäuschen finanziert (warum, ist sowas nicht eigentlich originäre Aufgabe der Stadt oder eines öffentlichen Verkehrsmittels?), und nicht als das, was sie wirklich ist: Penetrante visuelle Umweltverschutzung, Verdummung, Zumutung, Verschandelung, deprimierender Ausweis von Dummheit, Mittelmaß und mangelndem Geschmack der Bevölkerung und der Macht der Konzerne, die hier regieren. Ich möchte nicht in dieser Art ständig darüber zwangsweise "informiert" werden, was es neues an Damen-Unterwäsche bei H&M gibt oder welchen Blockbuster Pro7 demnächst zeigt oder was B-Prominenten so an der Bildzeitung gefällt. Dass dieser Punkt aber überhaupt keine Rolle mehr spielt und selbst von der taz beiläufig-achselzuckend hingenommen wird, und nur eine etwas bessere Bushäuschenausstattung gefordert wird, zeigt ja nur, wie abgestumpft, programmiert und dressiert die Menschen hier inzwischen sind. Sie kaufen sich den wertlosen Scheiß dann ja auch, die in China per Billiglohn hergestellte Unterwäsche, die nach paar Monaten kaputt ist, die dumme rechte Lügen-Bild, den blöden schlechten "Blockbuster" mit vielen Effekten und wenig Hirn.

     

    Und dann gibt es natürlich noch die Werber-, Proll- und FDP-Fraktion, die derlei visuelle Belästigung tatsächlich noch als Bereicherung des Stadtbilds empfindet. Und als "Information", zu der "die Wirtschaft", unser aller Götze, selbstverständlich berechtigt ist. Wieso hat die Privatwirtschaft überhaupt das Recht, flächendeckend und aufmerksamkeitsheischend den Stadtraum zu okkupieren, an jeder Ecke mit Konsumanreizen vollzuschmieren und zu -kleistern, aber jeder kleine Graffitisprayer wird mit Sonderkommissionen und hohen Strafandrohungen verfolgt? Wohl die falsche Frage in einer Stadt, in der selbst Kirchen ihre Baugerüste für riesige Reklameflächen vermieten. Der rollende Rubel rechtfertigt hier ja nihilistisch fast alles. Und statt mit nützlichen Bushäuschen verewigen sich Politiker aller Couleur eben lieber in Gestalt der "Leuchtturm"-"Elphi". Und am Ende lügen alle wieder gemeinsam im Chor, wie "schön" doch "unser" (?) "Hamburg" ist. Sorry, ist es nicht, schon lange nicht mehr, und wird es auch nicht mehr. Dieselben, die immer wählerstimmenheischend diese Schönheit beschwören, haben sie längst zerstört.

  • R
    rom

    "Ein beliebter Mensch wird Mühe haben, dahinter Schutz vor Wind und Regen zu finden."

    Und unbeliebte Menschen finden Schutz??? Hahahaha! Sehr diskriminierend die Methoden der ÖVNP

    Zudem war das Problem seit Beginn bekann. Ich erinnere mich, bereits vor sehr langer Zeit darüber gelesen zu haben und bin verwundert, dass nun man die Häuschen doch mit den Mängeln realisiert hat!