Unklare Marschroute: Hamburg sucht den Protestsound
Hamburger Soundtrack
von Nils Schuhmacher
Als vor einigen Wochen ein Polizeifahrzeug in der Nähe des Wohnhauses des Ersten Bürgermeisters in Brand gesetzt wurde, bedienten sich die unbekannten Täter/innen – Gegner des anstehenden G20-Gipfels – in ihrem Bekennerschreiben eines musikalischen Zitats und endeten mit: „In Hamburg sagt man Tschüss“. Man kann nun sehr hoffen, dass damit der vielgestaltigen Protestbewegung, die sich derzeit in der Stadt zusammenfindet, nicht bereits die politische und musikalische Marschroute mitgegeben wurde. Dem steht schon die lokalpatriotische Einfärbung von Heidi Kabels gleichnamigem Lied entgegen. Aber genauso die nachfolgende Zeile: „Das heißt auf Wiedersehen“.
Aber wo soll man denn hinhören, wenn man nicht am Ende bei „In Hamburg sagt man Digga“ oder Ähnlichem landen will? Bob Dylan bietet sich nicht an, auch wenn der Mann ein Vorzeigeexemplar in Sachen Protestsong ist. Erstens beehrt er die Stadt bereits dieser Tage (11. 4., Barcley-Card-Arena). Zweitens macht er sich offenbar immer genau dann rar, wenn er am meisten gebraucht wird, wie das Stockholmer Nobelpreis-Komitee weiß. Und andere übliche Verdächtige wie Grönemeyer haben sich in die Hände einer nebulösen Organisation begeben, um am 6. 7. am selben Ort für „einen guten Zweck“ aufzutreten. Die Sache mit dem Protestsound muss also fürs Erste offen bleiben.
Und so bleibt, während noch gedichtet und komponiert wird, Zeit für einen Perspektivenwechsel. Für den 13. 4. wird im Hafenklang zur Soliparty (inkl. Rundfahrtangebot) für den weithin bekannten Ex-Wasserwerfer geladen, der immer mal wieder mit altersschwachen Gliedern an hiesigen Demonstrationen teilnimmt. Vielleicht wird für eine Lautsprecheranlage gespart. Über die dann aber bitte nicht berüchtigte Hamburger Gassenhauer abgespielt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen